Plattform Industrie 4.0: „Den Menschen in den Mittelpunkt“

Die Plattform Industrie 4.0 präsentierte am 16. und 17. November Ergebnisse ihrer Arbeit auf dem Nationalen IT-Gipfel in Saarbrücken. Im Mittelpunkt stand die sich grundlegend verändernde Arbeitswelt in der Industrie und was getan werden kann, um Beschäftigte in Zeiten der Digitalisierung betrieblich zu qualifizieren. Grund- lage der Debatte waren die zum IT-Gipfel veröffentlichten Handlungsempfehlungen der Plattform Industrie 4.0.

Ob intelligent vernetzte Produktionsabläufe oder neue Bedingungen in der IT-Sicherheit: Mit Industrie 4.0 verändern sich nicht nur Maschinen und Geschäftsmodelle. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet die Entwicklung, kontinuierlich ihr Know-how an diese Entwicklung anzupassen – über ihr ganzes Arbeitsleben hinweg. Wie das gelingt, diskutierten unter anderem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka, Siemens-Vorstand Prof. Dr. Siegfried Russwurm und IG Metall-Vorstand Jörg Hofmann.

„Industrie 4.0 wird langfristig erfolgreich sein, wenn wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Digitale Bildung wird künftig das Schlüsselthema für eine erfolgreiche Teilnahme am Erwerbsleben sein. Das betrifft 8 Millionen Beschäftigte in der Industrie und gilt natürlich für die 260.000 Ausbildungsplätze, die die Industrie jedes Jahr schafft. Daher haben wir seitens des Bundeswirtschaftsministeriums zum IT-Gipfel ein umfassendes Positionspapier für die digitale Bildung in jeder Lebensphase vorgelegt: Digitale Bildung muss so früh wie möglich beginnen, darf aber dann auch nicht in der Schule oder Hochschule aufhören, sondern muss das gesamte Berufsleben begleiten. Hier spielen gerade die Berufsschulen eine zentrale Rolle. Deshalb wollen wir 1 Milliarde Euro in eine umfassende Ausstattungsinitiative für Berufsschulen investieren. Industrie 4.0 braucht auch Berufsschulen 4.0“, so Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.




Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka: „Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Diesen Wandel können wir positiv gestalten, wenn wir die Qualifizierung für die Wirtschafts- und Arbeitswelt der Zukunft darauf ausrichten. Mit der Programmlinie ‚Zukunft der Arbeit‘ wollen wir technologische und soziale Innovation gleichermaßen voranbringen. Hier werden Pilotanwendungen in Unternehmen gefördert, um neue und praxisgerechte Modelle der Qualifizierung, Gesundheitsprävention sowie Arbeitsgestaltung und -organisation zu finden. Zugleich beschreitet das Bundesforschungsministerium mit der Initiative Berufsbildung 4.0 neue Wege in der Modernisierung der Ausbildungsberufe.“

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, betonte: „Industrie 4.0 wird dann zum Gewinn für alle Seiten werden, wenn sie von einer veränderten Unternehmens-, Führungs- und Arbeitskultur flankiert und unterstützt wird. Dies wiederum setzt lebendige Mitbestimmung und Beteiligung der Beschäftigten in den Betrieben voraus. In einem solchen Rahmen kann es gelingen, alle Beschäftigtengruppen mitzunehmen und für eine Tätigkeit in der digitalen Arbeitswelt zu qualifizieren. Dazu finden sich auch wichtige Hinweise in den Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe Arbeit, Aus- und Weiterbildung der Plattform Industrie 4.0. Unstrittig ist: eine präventive und bedarfsgerechte Qualifizie- rung ist die beste Beschäftigungssicherung in der technischen Transformation.“

Plattform Industrie 4.0 empfiehlt: Veränderungen genau analysieren und Qualifizierung aktiv fördern
Welche Veränderungen ergeben sich durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeits- welt? Und: Wie können Beschäftigte flexibel weitergebildet werden? Mit diesen Fragen setzen sich Sozialpartner in der Plattform auseinander. Die Veröffentlichung „Die digitale Transformation im Betrieb gestalten – Beispiele und Handlungsempfehlungen für Aus- und Weiterbildung“ zeigt anhand von 15 realen Projekten, welche Kompetenzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig benötigen und wie sich diese im Betrieb vermitteln lassen.

So zeigt ein Beispiel, wie ein Unternehmen die Veränderungen im eigenen Betrieb genau analysiert und Ausbildungsinhalte, Lehrmethoden und Trainer-Kompetenzen systematisch daran anpasst. Ein anderes Unternehmensbeispiel demonstriert, wie verschiedene Bildungsbereiche verzahnt werden, um den Fachkräftebedarf an gut ausgebildetem IT- Sicherheit-Personal zu decken. Das Unternehmen baute eine Bildungskette mit Studiums-, Ausbildungs- und Weiterbildungselementen bis hin zum hochqualifizierten Cyber- Security Professional auf.

Qualifizierung im laufenden Betrieb umsetzen: Exponat APPsist zeigt, wie’s geht

Beim Rundgang der Bundeskanzlerin Angela Merkel veranschaulichte Eberhard Veit für die Festo AG gemeinsam mit Jörg Hofmann anhand von APPsist, wie mit inno- vativen Mitteln Voraussetzungen geschaffen werden, damit Beschäftigte sich im laufen- den Betrieb neues Wissen aneignen können. Das sozialpartnerschaftlich entwickelte Wissens- und Assistenzsystem APPsist stellt sich automatisch auf den Unterstützungs- bedarf von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit unterschiedlichem Vorwissen ein, um sie flexibel im Unternehmen einzusetzen. Gleichzeitig unterstützt das System mit Lern- funktionen und Hintergründen den Kompetenzerwerb.

Standardisierung bei Industrie 4.0 kommt voran: Referenzarchitektur- modell RAMI 4.0 in den internationalen Normungsorganisationen ISO/IEC

Qualifizierung, Interoperabilität, die sichere Produktion, Kunden- und Anwenderorientierung sowie Standardisierung – das sind die Bereiche, in denen die Plattform Industrie 4.0 dieses Jahr gezielte Impulse für Unternehmen und andere Interessierte gibt. „Neben den Handlungsempfehlungen haben wir im Bereich der Standardisierung große Fortschritte gemacht. Beispielsweise haben wir das in der Plattform Industrie 4.0 entwickelte Referenzarchitekturmodell RAMI 4.0 in die DIN-Spezifikation eingebracht. Damit können nun erstmals die drei wesentlichen Dimensionen IT, Lifecycle und Automatisierungshierarchie in einem Modell zusammengefasst werden“, so Prof. Dr. Siegfried Russwurm. Zudem ist ein großer Schritt in Richtung internationaler Standardisierungsbemühungen bei Industrie 4.0 gelungen. RAMI 4.0 wird seit kurzem auch in den internationalen Normungsorganisationen International Organization for Standardization (ISO) und International Electrotechnical Commission (IEC) diskutiert. Zum IT-Gipfel veröffentlicht die Platt- form Industrie 4.0 bezüglich Standardisierung u.a. ein Interaktionsmodell für die Verwal- tungsschale. Hierbei handelt es sich um ein Regelwerk, das, vergleichbar mit Duden und Lexikon, einzelne Vokabeln der Sprache zwischen Maschinen, Sensoren und Produkte festlegt.

Nach zwei Jahren erfolgreicher Arbeit gibt Russwurm turnusmäßig den Vorsitz des Lenkungskreises ab. Sein Nachfolger ist Bernd Leukert, Vorstandsmitglied bei SAP. Der mit ranghohen Unternehmern besetzte Lenkungskreis der Plattform ist für die in- dustrielle Strategieentwicklung, inhaltliche Ausrichtung und Ergebnissicherung der Arbeitsgruppen verantwortlich. „Russwurm hat während seiner Amtszeit dafür ge- sorgt, dass die Plattform Industrie 4.0 viele Impulse geben konnte“, so Leukert. „Hieran möchte ich gerne anknüpfen und die erfolgreiche Arbeit weiterführen, indem wir jetzt zum Beispiel die innovativen Testszenarien für Unternehmen und insbesondere den Mittel- stand weiterentwickeln und in die Praxis bringen.“

Plattform Industrie 4.0 gibt kompakten Überblick zur Umsetzung von Industrie 4.0 im Mittelstand
Wie das richtige Unterstützungsangebot auf dem Weg in die digitalisierte Produktion finden? Der Industrie 4.0-Kompass bietet nun insbesondere mittelständischen Unternehmen einen systematischen Überblick über mehr als 40 bestehende nichtkommerzielle Angebote. Damit hilft das neue Onlineangebot der Plattform Industrie 4.0 Unternehmen, ihre eigene Industrie 4.0-Erfolgsgeschichte zu schreiben (www.plattform-i40.de/I40/Kom- pass).

Auch die Online-Bibliothek der Plattform Industrie 4.0 (www.plattform-i40.de/I40/Online-Bibliothek) ist gewachsen: Insgesamt neun weitere Plattform-Publikationen, die zum IT- Gipfel veröffentlicht wurden, sind genau wie die Publikationen der Partnerorganisationen der Plattform in der Bibliothek zu finden.




Zu den neuen Plattform-Publikationen zählen etwa die Handlungsempfehlungen zur betrieblichen Qualifikation, Überlegungen zu einer Verwaltungsschale der Netzkommunikation, die aktualisierte Forschungsagenda, der Anwenderleitfaden IT-Sicherheit sowie die Handlungsempfehlungen zu rechtlichen Rahmenbedingungen.

Plattform Industrie 4.0 baut internationale Kooperationen aus

Der Austausch, den die Plattform Industrie 4.0 mit mehreren internationalen Allianzen pflegt, wurde in den vergangenen Monaten nochmals intensiv: Gemeinsame Arbeits- pläne mit den Partnern aus Frankreich (Alliance Industrie du Futur), Japan (Robot Revo- lution Initiative), USA (Industrial Internet Consortium) und China sehen unter anderem eine enge Kooperation im Bereich der Standardisierung vor. So entwickeln Expertinnen und Experten der Plattform Industrie 4.0 und des Industrial Internet Consortium Ideen, wie internationale Testfelder für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemeinsam gestaltet werden können. Die praktischen Erfahrungen aus den Tests sollen systematisch zur Weiterentwicklung und Verbindung der bereits etablierten Referenzarchitekturmodelle RAMI 4.0 und IIRA genutzt werden.

Auch mit der Europäischen Kommission tauscht sich die Plattform intensiv zur Umsetzung von Industrie 4.0 aus. Dazu findet auf Einladung des Bundeswirtschaftsministeriums und der EU-Kommission vom 31. Januar bis 1. Februar 2017 das erste europäische Stakeholder-Forum in Essen statt. Im Kontext der deutschen G20-Präsidentschaft findet Mitte März 2017 ein Treffen der jeweiligen nationalen Plattformen in Berlin statt, bei dem die Plattform Industrie 4.0 mit am Tisch sitzt.

Über die Plattform Industrie 4.0

Die Plattform Industrie 4.0 ist das zentrale Netzwerk in Deutschland, um die digitale Transformation in der Produktion voranzubringen. Im Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Verbänden wirken über 300 Akteure aus 159 Organisationen aktiv in der Plattform mit. Als eines der größten internationalen und nationalen Netzwerke unterstützt sie deutsche Unternehmen – insbesondere den Mittel- stand – dabei, Industrie 4.0 zu implementieren und somit in die Fläche zu tragen. Mit zahlreichen Praxisbeispielen, konkreten Handlungsempfehlungen und Testumgebungen gibt sie ihnen entscheidende Impulse. Die zahlreichen internationalen Kooperationen der Plattform unterstreichen ihre führende Rolle in den internationalen Diskussionen rund um das Thema Industrie 4.0. Mehr Informationen finden Sie unter www.plattform-i40.de.

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