WEB.DE und GMX treiben E-Mail-Verschlüsselung in Deutschland voran

Zur CeBIT 2016 haben WEB.DE und GMX bekannt gegeben, dass schon eine halbe Million Nutzer die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingerichtet haben. Der neue Service auf Basis von PGP (Pretty Good Privacy) war am 20. August 2015 von den beiden größten deutschen E-Mail-Anbietern eingeführt worden. Eine aktuelle Umfrage zeigt zudem, dass das Wissen über Verschlüsselung in Deutschland im internationalen Vergleich am höchsten ist.

„Jahrelang war es Profis vorbehalten, E-Mail-Inhalte durchgängig von Sender zu Empfänger zu verschlüsseln, weil die Technik viel zu kompliziert war. Seit GMX und WEB.DE das Verfahren vereinfacht haben, dringt PGP zum Konsumenten durch. Die Kunden sind sensibilisiert und beschäftigen sich damit, wie sie ihre private Kommunikation vor unberechtigten Zugriffen absichern können“, sagt Jan Oetjen, Geschäftsführer WEB.DE und GMX.



Wissen über Verschlüsselung: Deutschland liegt vorne

Wissen über VErschlüsselungIm internationalen Vergleich ist das Wissen über Verschlüsselung in Deutschland am weitesten verbreitet. 60 Prozent geben an, sich im Wesentlichen damit auszukennen. In Frankreich gibt es hingegen noch Nachholbedarf. Jeder dritte französische Internet-Nutzer verfügt nach eigener Aussage nicht über wesentliche Kenntnisse zum Thema Verschlüsselung. In den USA und Großbritannien gibt rund jeder zweite Internet-Nutzer an, über Verschlüsselung Bescheid zu wissen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage der Convios Consulting GmbH im Auftrag von WEB.DE und GMX.

E-Mail-Nutzer bevorzugen Anbieter mit Verschlüsselung

Wechselbereitschaft_VerschlüsselungRund neun von zehn (88 Prozent) der Internet-Nutzer in Deutschland und Spanien sagen, dass die Möglichkeit der E-Mail-Verschlüsselung für sie ein Grund zum Anbieterwechsel ist. Fast ebenso hoch ist das Interesse an Verschlüsselung in Österreich (85 Prozent), der Schweiz (84 Prozent) und Frankreich (82 Prozent). Auch in Großbritannien (78 Prozent) und in den USA (77 Prozent) ist die Wechselbereitschaft hoch.

Zur Methodik: Die Convios Consulting GmbH untersucht seit 2009 jährlich für GMX und WEB.DE das Kommunikationsverhalten der deutschen Internet-Nutzer. Für die aktuelle Studie wurden in Deutschland 1.000 Personen ab 14 Jahren befragt. Erstmals wurden auch jeweils 1.000 Nutzer in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Spanien, UK und USA befragt.

Verschlüsselung: Warum manche Politiker schlecht beraten sind

Ein Kommentar von Raimund Genes, CTO des japanischen IT-Sicherheitsanbieters Trend Micro, zur Diffamierung von Verschlüsselungstechnologien ohne Hintertüren

International blasen Politiker mit Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten im Rücken wegen der gestiegenen Terrorgefahr zum Angriff auf starke Verschlüsselungstechnologien. Doch wer es wirklich ernst meint mit dem Schutz der Privatsphäre, muss eine starke Verschlüsselung unterstützen. Hintertüren, die nur den Bösen schaden, gibt es nur im Reich der Phantasie, ebenso wie Behauptungen, Terroristen und Cyberverbrecher seien ohne sie nicht zu identifizieren und zu fangen. Da stellt sich die Frage, wer solche Politiker berät? Ein Schelm, wer Übles dabei denkt …

Sicher, Verschlüsselung erschwert Ermittlungsbehörden ihre Aufgabe. Doch es gibt andere Möglichkeiten, Übeltäter online zu identifizieren. Sicherheitshersteller, die wie Trend Micro mit Ermittlungsbehörden bei der Aufdeckung von Straftaten zusammenarbeiten, beweisen das Tag für Tag. Schließlich nutzen nicht nur Terroristen, sondern verwendet auch ein beträchtlicher Teil moderner Schadsoftware Verschlüsselung, um sich selbst und die zugrundeliegende Infrastruktur inklusive der Hintermänner unsichtbar zu machen. Und doch gelingt immer wieder die Enttarnung, werden Cyberkriminelle festgenommen. Das ist in der Tat harte Arbeit und bedarf spezieller Kenntnisse, die wir kontinuierlich an Polizeibehörden weitergeben.

Terroristen, Spione und Kriminelle haben bereits in der Vergangenheit verschlüsselt kommuniziert. Verschlüsselungsalgorithmen sind in der Regel quelloffen. Sie sind ein Stück Mathematik, das jeder, der dazu fähig ist, anwenden kann. Und genau das geschieht seit Jahren und wird auch weiter so sein. Es gibt also überhaupt keinen Grund, vor einer massiven Minderung unserer Sicherheit zu sprechen, sollten mehr kommerzielle Produkte und Dienste mit starker Verschlüsselung auf den Markt kommen. Vor diesem Hintergrund mutet es geradezu befremdlich an, dass kommerzielle Anbieter, die das Thema Datenschutz ernst nehmen, im Fadenkreuz der Kritik stehen.

Offenbar haben manche Behörden und Geheimdienste den gläsernen Bürger vor Augen
, ähnlich dem gläsernen Konsumenten, von dem viele Unternehmen dank Big Data gerade träumen. Doch totale Sichtbarkeit bedeutet Unfreiheit und Schutzlosigkeit. Wer wird uns dann vor den möglichen Schäden durch Datenlecks bewahren? Werden wir anfangen, vorsorglich unser Verhalten zu ändern, von der Norm abweichende persönliche Meinungen nicht mehr zu äußern und durch Grundrechte geschützte, aber dem eigenen Ruf oder Fortkommen potenziell schädliche Aktionen zu unterlassen? Und wie sieht es mit Deutschland als Volkswirtschaft aus, die nicht von Rohstoffen, sondern vom geistigen Eigentum seiner Unternehmen lebt? Sollen diese ihre Firmengeheimnisse nicht vor privater oder staatlich unterstützter Wirtschaftsspionage schützen können?

Mir persönlich drängt sich der Verdacht auf, dass manche Politiker und deren Berater von Allmachtsphantasien heimgesucht werden – eine verständliche, aber für die Freiheit gefährliche Reaktion auf die Ohnmacht, die jeder nicht vereitelte Terroranschlag offenzulegen scheint. Aber das ist nicht wahr, wir sind nicht völlig ohnmächtig, aber eben auch nicht allmächtig. Dass es totale Sicherheit und Freiheit gleichzeitig gibt, ist nur eine Phantasie. Wir müssen jedoch mit der Realität leben.