Deutsche Industrie startet Normungsinitiative für Industrie 4.0

Deutsche Industrieverbände und Normungsorganisationen gründen zur Hannover Messe das „Standardization Council Industrie 4.0“. Ziel der Initiative ist es, Standards der digitalen Produktion zu initiieren und diese national sowie international zu koordinieren. Die Initiative beschleunigt Standardisierungsprozesse und stärkt damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland.

Pünktlich zur Hannover Messe 2016 rufen deutsche Industrieverbände und Normungsorganisationen das „Standardization Council Industrie 4.0“ ins Leben. Neben der Koordination von Standards vertritt das „Standardization Council Industrie 4.0“ die Interessen gegenüber internationalen Konsortien und organisiert und gestaltet die deutsche Normungs-Roadmap Industrie 4.0. Außerdem definiert es den Bedarf für neue Projekte und organisiert die internationale Umsetzung.

Die Gründung des Councils wird branchenübergreifend begrüßt, da das Internet der Dinge Regeln und Strukturen erfordert, die noch bestehende Branchengrenzen zwischen Elektrotechnik, Maschinenbau und IT überwinden. Genau hier setzt die neue Normungsinitiative an, um eine konsistente Standardisierung zu befördern. Mit dieser vorausschauenden und praxisorientierten Perspektive ist das „Standardization Council Industrie 4.0“ als Institution einmalig.

Gründungsinitiatoren des „Standardization Council Industrie 4.0“ sind der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom), das Deutsche Institut für Normung (DIN), die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sowie der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI).

Die Plattform Industrie 4.0 als Impulsgeber für das Standardization Council

Entstanden ist das „Standardization Council Industrie 4.0“ aus der Plattform Industrie 4.0 heraus (www.plattform-i40.de). Die Plattform Industrie 4.0 ist ein koordinierendes Netzwerk zur Gestaltung der digitalen Transformation in der Produktion und erarbeitet hierfür unter anderem Handlungsempfehlungen für Politik und Unternehmen. Dazu gehört die Entwicklung und Verankerung von Standards, um sie national und international zu vereinheitlichen. Das Council agiert unabhängig von der Plattform und ist organisatorisch bei der DKE angesiedelt.

Plattform Industrie 4.0, Labs Network Industrie 4.0 und Standardization Council wirken zusammen

Für eine schnelle Umsetzung von Industrie 4.0 Lösungen in die Praxis sind Standards unerlässlich. Zentrale Grundlage für eine international einheitliche und offene Standardisierung ist das „Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 – RAMI 4.0“, welches innerhalb der Plattform Industrie 4.0 von der Arbeitsgruppe „Referenzarchitekturen, Standards und Normen“ erarbeitet wurde und international großes Interesse findet. Die Arbeitsgruppe wird auch bei der Arbeit des Councils weiterhin involviert sein.




Das jetzt gegründete „Standardization Council Industrie 4.0“ unterstützt zudem die Praxiserprobung in Testzentren. Ergänzt durch eine enge Zusammenarbeit mit dem von Plattform Industrie 4.0-Akteuren neu gegründeten Verein „Labs Network Industrie 4.0“ (www.lni40.de) können neue Industrie 4.0-Lösungen und die darin genutzten Standards getestet werden. Die Ergebnisse fließen wiederum über das Council direkt in die Fortentwicklung von Standards ein, national und international. Der gesamte Prozess wird so gestaltet, dass eine enge Einbindung von mittelständischen Unternehmen in die Standardisierungsarbeit gefördert wird.

Dieser weltweit bislang einmalige konzertierte Ansatz trägt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen im Bereich Industrie 4.0 bei und hat das Potenzial, als Blaupause für andere branchenübergreifende Technologiebereiche zu dienen.

VATM-Tele-Kompass: Kooperationen, Standards und Frequenzen für 5G-Revolution entscheidend

Die Mobilfunksysteme der 5. Generation (5G) werden für Anwendungen wie Industrie 4.0, E-Health und Smart Grid oder autonomes Fahren den Durchbruch bringen und dadurch die Wirtschaft und die Gesellschaft nachhaltig verändern. Mit Blick auf den internationalen Wettbewerb die Weichen schon jetzt richtig zu stellen, ist eine der großen Herausforderungen nicht nur für die Telekommunikationsindustrie. Die Frage „Gigabit-Gesellschaft und Schlüsseltechnologie 5G: Wie schaffen wir den Wandel in Deutschland?“ stand daher am Donnerstagabend im Mittelpunkt der Debatte beim VATM-Tele-Kompass Berlin-Mitte im Base_camp.

Zum Auftakt der Veranstaltung richtete sich EU-Kommissar Günther Oettinger mit einer Videobotschaft an den VATM und seine Gäste. Es brauche einen gesunden Wettbewerb, um 5G Realität werden zu lassen, so sein klares Statement.

Ericsson-Deutschland-Chef Stefan Koetz betonte in seinem Eingangsstatement die wichtige Rolle der Zusammenarbeit mit der Industrie, damit 5G als Schlüsseltechnologie in Europa mit Asien und den USA konkurrieren könne. Neben den Telekommunikations-Firmen engagierten sich daher schon heute Global Player wie die Deutsche Bahn, Bosch oder Siemens in der 5G-Gruppe des IT-Gipfels. Neben der technischen Leistungsfähigkeit seien auch regulatorische Rahmenbedingungen für die 5G-Einführung wichtige Voraussetzungen. „Wir brauchen mehr Mobilfunk-Standorte, mehr Frequenzen und leistungsfähigere Backbone-Systeme, damit Europa im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleibt“, erklärte Koetz.

5G sei die Schlüsseltechnologie für die vernetzte Gigabitgesellschaft und werde auch für die Kunden eine Revolution bedeuten, zeigte sich Dr. Jan Krancke, Vice President Regulatory Strategy & Economics bei der Deutschen Telekom, in der anschließenden Paneldiskussion überzeugt. „Industrielle Produktionsprozesse werden optimiert und das `Internet of Things´ wird mit innovativen Produkten für jedermann erlebbar“, so Dr. Krancke.

Mit Blick auf die erforderliche Anbindung der Mobilfunkstationen mit Glasfaser meinte
Hartmut Kremling, Vodafone Ambassador (vorm. CTO Vodafone Central Europe): „Die aktuelle Vectoring-Entscheidung der Bundesnetzagentur erschwert den Glasfaserausbau erheblich und damit auch den Anschluss der Mobilfunkbasisstationen an ein leistungsfähiges Backbone-Netz.“



Auch Thomas Jarzombek, Bundestagsabgeordneter der CDU, sieht in 5G mit Glasfaser als Backbone die entscheidende Netzinfrastruktur der Zukunft. „Die EU nimmt durch die Kooperationsvereinbarungen zum Thema 5G mit Brasilien, China, Japan und Korea im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle ein. Politik und Industrie ziehen hier an einem Strang, um die Einführung von 5G bis zum Jahr 2020 zu gewährleisten“, sagte Jarzombek. Als große Herausforderung sieht er dabei unter anderem, in kurzer Zeit Standards für die Daten-Infrastruktur zu finden.

„Wir brauchen neben den Frequenzen einen branchenübergreifenden Standard für 5G und wollen, dass Deutschland und Europa bei 5G die Technologieführerschaft übernehmen“, machte Frank Krüger, Leiter der Unterabteilung Digitale Gesellschaft und Infrastruktur beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, deutlich. Dazu müssten noch mehr 5G-Testfelder wie auf der A9 aufgebaut werden.

Vor negativen Markteffekten einer Regulierung im Mobilfunk und damit verbundenen hohen Kosten bei 5G in Deutschland warnte Valentina Daiber, Director Corporate Affairs der Telefónica Germany. „Es darf nicht über eine erneute teure Frequenzversteigerung den TK-Unternehmen das Geld für den Breitbandausbau entzogen werden, damit die Innovationspotentiale erhalten bleiben.“

„Wir werden uns in Zukunft an anderen Ländern auch aus Europa messen lassen müssen“, prophezeite VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner in seinem Abschlussstatement. Was werden zum Beispiel unsere Nachbarländer in zehn Jahren anbieten? In einem war sich alle Panelteilnehmer einig: Branchenübergreifende Kooperationen und gemeinsame Plattformen sind für eine Erfolgsstory 5G von größter Relevanz.

Warum in Amerika? Industrial Internet Consortium gegründet

Es wäre schön gewesen, auf diese Idee wäre die deutsche Industrie zuerst gekommen: Die amerikanischen Konzerne AT & T, Cisco, General Electric, IBM und Intel haben das „Industrial Internet Consortium“ (IIC) gegründet. Dabei soll es sich um eine offene Gruppe handeln, der sich weitere Mitglieder anschließen können. Das Ziel ist der Abbau von Hindernissen auf dem Weg der Vernetzung der physischen und der digitalen Welt – oder, anders formuliert, die Setzung von Standards.

„Neunundneunzig Prozent von allem ist immer noch nicht zu jedem Zeitpunkt mit dem Internet verbunden. Wenn es aber gelingt, immer mehr mehr Dinge mit dem Netz zu verbinden, dann kommt die nächste industrielle Revolution. Cisco schließt sich mit führenden Unternehmen der Branche zusammen, um solche Verbindungen in industriellen Umgebungen sicher und zuverlässig zu machen. So ebnen wir den Weg für das Internet der Dinge“, wird Guido Jouret, der für dieses Thema zuständige Vice President von Cisco, in der entsprechenden Mitteilung zitiert.

Die neu gegründete Gruppe hat nach eigenen Angaben keine Absicht, Einnahmen oder Gewinne zu erzielen. Vielmehr geht es darum, die Führung in der Setzung von Standards für das industrielle Internet zu übernehmen.

 Aufgezählt werden insbesondere folgende Ziele:

– Die Verwendung bestehender und die Schaffung neuer Anwendungsfälle in der Industrie und Testumgebungen für reale Anwendungen

– „Delivering Best Practices“: hier geht es darum, den Aufbau von Referenzarchitekturen zu erleichtern

– Einrichtung von offenen Foren, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen

– „Vertrauen schaffen“: neue und innovative Ansätze für die Sicherheit

– Und, gewiss der entscheidende Punkt: Beeinflussung der globalen Standards für Internet -und Industrieanlagen

Als Gründungsmitglieder werden AT & T, Cisco, GE , IBM und Intel jeweils ständige Sitze im IIC Lenkungsausschuss übernehmen, gemeinsam mit vier anderen gewählten Mitgliedern. Die Unternehmen sehen sich auf ihren jeweiligen Gebieten selbstbewusst als Marktführer – und streben über gemeinsame Architekturen einfach funktionierende „Plug and play“-Lösungen für das industrielle Internet an. Explizit genannt werden zum Beispiel von einem Vertreter von General Electric die Branchen Luftfahrt-, Transport, Gesundheit und Energie.

Möglicherweise sollte der deutsche GE-Wettbewerber Siemens und auch manches andere deutsche Unternehmen, das im Internet der Dinge Standards setzen will, hier hellhörig werden. Und wo sind die deutschen Industrieverbände?

Mitglieder des in Amerika gebildeten Konsortiums werden die Entwicklung künftig jedenfalls in Arbeitsausschüssen begleiten. Die IIC wird von der Object Management Group (OMG), einem gemeinnützige Fachverband in Boston, verwaltet werden. Weitere Informationen, gibt es auf der Website www.iiconsortium.org

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