Entscheider wünschen europäische Alternativen zu Google, Facebook & Co.

Die NSA-Bespitzelungsaffäre hinterlässt in Unternehmen und Politik deutliche Spuren: Fast zwei Drittel der Führungskräfte halten den Aufbau von europäischen Alternativen zu den großen amerikanischen Internet- und IT-Unternehmen für geboten. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von Abgeordneten sowie Top-Führungskräften in mittleren und großen Unternehmen, durchgeführt vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Deutschen Telekom.

„Das Meinungsbild vor und nach dem NSA-Skandal hat sich vollständig umgekehrt“, sagt Reinhard Clemens, Vorstand Deutsche Telekom und CEO von T-Systems. „Noch vor zwei Jahren waren die meisten Führungskräfte der Meinung, Europa bräuchte keine Gegenspieler zu den außereuropäischen Technologiegiganten.“ Fast zwei Drittel der 621 befragten Top-Entscheider wünschen sich sogar ein innereuropäisches Internet, halten dies jedoch für nicht realisierbar.

Mehrfache Hacker-Angriffe pro Woche

Der Cyber Security Report 2014 zeigt zudem, dass IT-Angriffe auf deutsche Unternehmen weiter gestiegen sind. Neun von zehn Firmen (92 Prozent) haben 2014 Angriffe von außen registriert – 14 Prozent täglich, 18 Prozent einmal oder mehrmals in der Woche. Trotzdem fühlen sich nur noch 39 Prozent der Führungskräfte aus Großunternehmen durch Hacker-Angriffe stark oder sehr stark bedroht. 2013 waren es noch 53 Prozent.

60 Prozent der Unternehmen sehen sich gut gegen IT-Gefahren geschützt. Diese Aussage überrascht, denn gleichzeitig sind vier von fünf Führungskräften davon überzeugt, dass IT-Angriffe jedes Jahr einen großen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen. Und 69 Prozent der befragten Entscheider aus mittleren und großen Unternehmen zählen die Gewährleistung von IT-Sicherheit als erfolgskritischen Faktor für das eigene Geschäft – direkt hinter den Klassikern Kundennähe und Kosteneffizienz.

Unternehmen tauschen sich zu IT-Sicherheitsthemen aus

Daher tauschen sich fast drei Viertel der Unternehmen als Teil einer globalen Wertschöpfungskette mehr oder weniger regelmäßig mit Zulieferern oder Partnern über Fragen der IT-Sicherheit aus. Fragen der IT-Sicherheit stehen besonders dann regelmäßig auf der Agenda, wenn die Unternehmen Daten untereinander weitgehend automatisiert austauschen, wie es durch den Megatrend Industrie 4.0 mehr und mehr der Fall sein wird.

Das Institut für Demoskopie Allensbach hat die 621 Top-Entscheider aus Politik und Wirtschaft – 109 Abgeordnete und 512 Führungskräfte aus mittleren und großen Unternehmen – im Auftrag der Deutschen Telekom im Zeitraum zwischen dem 18. August und 1. Oktober 2014 telefonisch befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ. Die Studie steht zum kostenlosen Download unter http://www.telekom.com/sicherheit bereit.

Das Internet der Dinge – in Ihrer Tasche

Ein Gastbeitrag von Yves de Montcheuil, Vice President of Marketing, des Softwarehauses Talend

In immer mehr Großstädten tragen Einwohner einen berührungslosen Fahrausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel in ihrem Portemonnaie mit sich herum (Oyster in London, Navigo in Paris, Octopus in Hong Kong). Dieser ermöglicht seinem Besitzer in erster Linie Zutritt durch die Drehkreuze der Metro oder zu einem Bus und belastet sein Konto für die Fahrt. Das ist der primäre Verwendungszweck. Aber tatsächlich ist das nicht der der einzige Nutzen, den die Karte bietet. Die Aufzeichnungen der Verkehrsbetriebe sind in Einzelfällen auch schon vor Gericht verwendet worden, um zu beweisen (oder zu widerlegen), dass sich eine bestimmte Person zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort befunden hat. Anhänger von Verschwörungstheorien werden möglicherweise einwenden, dass die NSA sowieso alle Bewegungen der Besitzer solcher Karten aufzeichnet – aber am Ende ist es nur eine weitere Datenbank, zu der man Zugang erhalten kann und noch mehr Big Data zur Nachverfolgung.

Berührungslose Fahrausweise werden jedoch nicht nur für den Weg zur Arbeit verwendet. Seit einigen Jahren werden sie unter anderem auch in Skigebieten eingesetzt und ersetzen dort die Tickets für den Lift. Wiederum werden sie nur eingesetzt, um Zugang zum Lift zu erhalten, oder? Nein!

Skigebiet in Bad Gastein Foto: Carsten Knop
Skigebiet in Bad Gastein Foto: Carsten Knop

In einem meiner letzten Skiurlaube habe ich eine andere Verwendung für diese berührungslosen Ski-Lift-Pässe entdeckt: Spaßanalysen. Man kann zur Webseite des Lift-Betreibers navigieren (in meinem Fall Skiline) und sich dort seine „Fun-Statistiken“ ansehen/ herunterladen: Wie lange ist man Ski gefahren, welche Strecke hat man zurückgelegt, welche Lifte benutzt. Nicht mehr lange und man wird in der Lage sein, automatisch zu twittern oder auf Facebook zu posten, wo auf dem Hang man sich gerade befindet. Warum diese Daten nicht mit seinem bevorzugten Fitness- oder Quantified-Self-Programm wie Runkeeper oder Fitbit integrieren? Und vielleicht beim nächsten Mal einen Gutschein bekommen, wenn man gerade mittags in der Nähe eines Restaurants des Skigebietes ist?

Mit Blick auf die öffentlichen Verkehrsmittel glaube ich nicht, dass Oyster oder Navigo in naher Zukunft die Möglichkeit anbieten werden, seine Fahrten herunterzuladen oder zu analysieren, wie lange man aufgrund von Signalfehlern oder Streikmaßnahmen auf dem Weg zur Arbeit im Tunnel steckte – aber die Daten liegen vor und das Potenzial ist real. Vielleicht würden einige Werber es gern wissen, wenn Sie Richtung Le Printemps Haussmann oder Saks Fifth Avenue fahren – und ob Sie mit Ihrer Frau oder mit Ihren Kindern unterwegs sind.

Die berührungslosen Karten in der Tasche sind verbundene Objekte – sie gehören zum Internet der Dinge. Sie waren ursprünglich nicht als Datenproduzenten gedacht – Daten sind ganz einfach ein Nebenprodukt ihres Gebrauchs. Skigebiete haben eine Spaßanwendung für diese Daten gefunden und bieten ihren Kunden damit ein Unterscheidungsmerkmal. Das ist nur die Spitze des Eisbergs, mehr innovative Anwendungen werden sicher folgen.

Die NSA dämpft das Vertrauen in die Cloud

Computerdienstleistungen aus dem Netz – die Datenwolke „Cloud“ macht es möglich. Das ist eine pfiffige Idee. Aber seit Bekanntwerden der NSA-Spähaffäre sind viele Unternehmen skeptisch. Der IT-Branchenverband Bitkom hat einmal geprüft, wie sehr.

Dem Vertrauensverlust infolge der Abhöraktionen könne nur mit konkreten Maßnahmen von Politik und Wirtschaft begegnet werden, ist man beim Bitkom überzeugt. Zu den wichtigsten Forderungen des Verbandes gehören daher Verhandlungen über No-Spy-Abkommen mit anderen Ländern, ein besserer Schutz vor Wirtschaftsspionage, eine stärkere Sensibilisierung von Bürgern und Unternehmen im Bereich der IT-Sicherheit sowie international einheitliche Regelungen zur Herausgabe von Kundendaten an Behörden zur Bekämpfung von Terror und schwerer Kriminalität.

Hier der Link zu dem entsprechenden Blogbeitrag auf FAZ.net

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