Einkauf 4.0 – Digitalisierung bringt mehr Einfluss für Einkaufsmanager

Einkaufsmanager nehmen in Industrieunternehmen verstärkt Einfluss auf strategische Entscheidungen. Insbesondere in die Produktentwicklung und das Risikomanagement ist das Beschaffungswesen deutlich häufiger involviert als vor fünf Jahren, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervor geht. Zudem ist die Mehrheit der 110 befragten leitenden Einkaufsmanager der Ansicht, dass der Anteil strategischer Aufgaben weiter steigen wird – lediglich fünf Prozent erwarten einen Rückgang.

„Die Einkaufsabteilungen entwickeln sich zunehmend zu strategischen Partnern. In vielen Unternehmen sind Einkaufsmanager von Beginn an in wesentliche Entscheidungsprozesse eingebunden. Sie bestimmen mit, welche Produkte künftig produziert und vertrieben werden sollen und wie diese am effizientesten auf den Markt gebracht werden können“, kommentiert Norbert F. Fischer, Partner bei PwC und Experte für Einkauf die Studienergebnisse.

Erwartungsgemäß schätzen die Einkaufsmanager ihre Entscheidungskompetenzen in beschaffungsnahen Bereichen am höchsten ein: Auf die Produktion haben 79 Prozent der Befragten nach eigener Einschätzung einen großen oder sogar sehr großen Einfluss, in der Qualitätssicherung trifft dies nach Ansicht von 86 Prozent der Befragten zu. Doch sehen sich viele Einkaufsmanager auch an Entscheidungsprozessen stark beteiligt, die noch vor wenigen Jahren selten zu ihrem Aufgabenbereich gezählt wurden. Dies gilt beispielsweise für das Risikomanagement (81 Prozent der Befragten) oder auch für Entscheidungen über Produktinnovationen (75 Prozent).

Digitalisierung verändert Einkaufsprozesse

Die steigende strategische Bedeutung des Einkaufs ist nach Ansicht der Befragten auch eine Konsequenz der Digitalisierung. So sind gut vier von fünf Einkaufsmanagern der Ansicht, dass die umfassende Datenerhebung und –analyse („Big Data“) die Bereiche Einkauf, Entwicklung und Produktion noch weiter zusammenwachsen lassen. Hinzu schaffen Technologien wie der 3D-Druck neue Produktionsmöglichkeiten, die den Einkauf nach Ansicht von 70 Prozent der Befragten flexibler machen werden. Bereits heute wird der „Ausdruck“ kurzfristig benötigter Komponenten in knapp 60 Prozent der Unternehmen eingesetzt, bei 16 Prozent sogar in der Serienfertigung.

„Die ‚Industrie 4.0’ zieht den ‚Einkauf 4.0’ nach sich. Da Produktionsentscheidungen immer schneller an die aktuelle Nachfrage angepasst werden, muss der Einkauf kurzfristig reagieren – der 3-D-Druck dürfte hier mittelfristig neue Möglichkeiten eröffnen. Sicher ist, dass Zulieferer künftig noch enger in die Beschaffungssysteme eingebunden werden. Im Idealfall lassen sich Warenbestände automatisiert und in Echtzeit abfragen und anfordern“, erläutert Fischer.

Aktuell setzt gut jedes dritte Unternehmen (37 Prozent) E-Business-Tools ein, um die Beschaffung schneller und flexibler zu gestalten, weitere 45 Prozent planen die Einführung eines derartigen Systems. Bislang wird der Bestellprozess allerdings überwiegend manuell gesteuert. In den meisten Unternehmen (41 Prozent) dominiert die Bestellung via E-Mail, fast jede vierte Einkaufsabteilung (23 Prozent) ordert per Telefon bzw. Fax und immerhin jedes fünfte Unternehmen kauft direkt vom Lieferanten vor Ort.

Zunehmende Komplexität stellt höhere Anforderungen

Das breitere Aufgabenspektrum der Einkaufsabteilungen fordert aber nicht nur Beschaffungsprozesse und –strukturen heraus, sondern auch die Einkaufsmanager selbst. Fast 90 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die fachlichen Anforderungen in den vergangenen fünf Jahren zugenommen haben, jeder dritte sieht sogar einen deutlichen Anstieg. Das Gehalt spiegelt diese Entwicklung nicht immer wider: Die Hälfte der Manager verdient heute höchstens zehn Prozent mehr als vor fünf Jahren, lediglich zwölf Prozent berichten über eine Steigerung um mindestens ein Fünftel.

Für die Studie befragte PwC 110 Einkaufsleiter, von denen 90 Prozent seit mindestens fünf Jahren in dieser Position tätig sind. Zwei Drittel der Befragten sind in Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern beschäftigt.

Infineon: Pilotbetrieb für Industrie 4.0 in Villach

Der Halbleiterhersteller Infineon erweitert seinen österreichischen Standort Villach. Mit dem „Pilotraum Industrie 4.0“ soll ein neuartiges Konzept der vernetzten und wissensintensiven Produktion umgesetzt und getestet werden. Außerdem will Infineon hier die Forschung bei neuen Materialien und Technologien intensivieren. Der Konzern plant für die Erweiterung Investitionen und Forschungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 290 Millionen Euro und die Schaffung von etwa 200 neuen Arbeitsplätzen vorrangig in Forschung und Entwicklung bis 2017.

Peter Schiefer, verantwortlich für Produktion und Fertigungsstandorte von Infineon, wird dazu in einer Pressemitteilung zitiert: „Die Weiterentwicklung Villachs ist Teil unserer konzernweiten Fertigungsstrategie. Am Standort werden wichtige Entwicklungen vorangetrieben und produktionsreife innovative Technologien an andere Standorte von Infineon transferiert. Komplementär umfasst unsere Strategie den Ausbau unserer Volumenfertigung auf 300-Millimeter-Dünnwafern in Dresden und auf 200-Millimeter-Wafern in Kulim in Malaysia.“

Innovationsfabrik und Volumenfertigung

Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG, sagt dazu: „Mit dem Erweiterungskonzept stärkt Villach seine wichtige Rolle als Innovationsfabrik und Kompetenzzentrum für Leistungselektronik im Konzern. Durch die Kopplung von Innovationsfabrik in Villach mit Volumenfertigung in Dresden am Beispiel der 300-Millimeter-Dünnwafer-Produktion für Leistungshalbleiter tragen wir zum Erfolg des Unternehmens bei.“

Infineon wird nach eigenen Angaben einen modernen Gebäudeverbund für Forschungs-, Produktions-, und Messtechnikarbeitsplätze errichten. Außerdem werden die Logistik, sonstige Infrastrukturen und die Anlagenparks für die zukünftigen Anforderungen ausgebaut.

In Villach entsteht nach der Hoffnung des Konzerns der Pilotbetrieb einer Fertigung auf Basis eines cyber-physischen Systems mit modernsten Fertigungssteuerungs- und Automatisierungssystemen unter der Voraussetzung höchster Datensicherheit und -integrität. Darüber hinaus verfolgt Infineon auch das Ziel, die Energieeffizienz in der Produktion zu steigern.

Industrie 4.0 erfordert Identitätsmanagement

Unter dem Motto „Integrated Industry – Next Steps“ dreht sich ein großer Teil der  Hannover Messe um das Thema Industrie 4.0 und die Fabrik der Zukunft. Mit dem Nachsatz „Next Steps“ machen die Messeverantwortlichen deutlich, dass nun Umsetzungsszenarien für den Produktionsalltag gefunden werden sollen. Als erster wichtiger Schritt sollten die „Teilnehmer“ dieser Produktion, seien es nun Menschen, Maschinen oder Prozesse, zuerst mit Identitäten ausgestattet werden, meint Jörn Dierks, Chief Security Strategist EMEA beim Softwarehersteller NetIQ.

Ein schwieriger Balance-Akt

Das Maschinen eine Identität erhalten sollen, klingt im ersten Moment nach Science Fiction oder einer Fortsetzung der Terminator-Filmreihe, ist aber vollkommen ernst gemeint. Das Konzept von Industrie 4.0 überträgt das Prinzip des Internet der Dinge auf die Fabrik und bedeutet vor allem eines: immer mehr „Teilnehmer“ in den IT-Systemen. Diese Teilnehmer, ob Mensch oder Maschine, benötigen Zugang zu bestimmten Systemen, Daten, Verzeichnisse. Das stellt Organisationen vor ein grundlegendes Problem: Sie müssen die Balance finden zwischen „so viel Zugang wie nötig gewähren“, um die Arbeitsfähigkeit sicherzustellen, und „so wenig Zugang wie möglich erlauben“, um das Risiko für Datenverluste zu minimieren.

Identität bietet Kontext: Wer macht was, wo und wann?

Identität ist nach der Meinung von NetIQ das einzige Element, das vollständig unter der Kontrolle der Organisation steht und mit dem sich Zugang und Risiko steuern lassen. Die Identität sei somit nicht mehr einfach nur ein Nutzerkonto, das von der IT verwaltet wird, sondern vielmehr eine umfassende Informationssammlung, die den IT-Systemen Kontext biete. Dies könnten  simple Informationen sein, wie die Person oder Maschine, der eine Identität gehört, was diese macht und wo sie sich befindet; beispielsweise „Produktionsstraße A für Türbleche im Standort in Baden-Württemberg“. Dazu kommen Informationen, die Rückschlüsse auf das Verhalten der Identität gewähren; mit wem wird wie kommuniziert, welche Daten werden regelmäßig bearbeitet? Auf Basis dieser Informationen werden dann Rechte gewährt und überwacht, etwa ob eine Identität untypische Verhaltensweisen an den Tag legt und ob möglicherweise ein Hinweis für einen Sicherheitsvorfall vorliegt. Identitätsmanagement ist daher im Bereich Industrie 4.0 nach der Ansicht des NetIQ-Managers  die einzige Möglichkeit, eine derart große Teilnehmermenge zu verwalten.

Auch im Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0 „Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0“ fordert dieser „eindeutige und sichere Identitätsnachweise für Produkte, Prozesse und Maschinen“.

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Microsoft zeigt auf der Hannover Messe die „Machine Cloud“

Gemeinsam mit Partnern will der amerikanische Softwarekonzern Microsoft auf der Hannover Messe fünf Anwendungsbeispiele rund um das Thema „Industrie 4.0“ aus den Bereichen Produktion sowie Service und Instandhaltung zeigen. Microsoft geht es nach eigenen Angaben dabei darum, das Zusammenwachsen von Produktions- und Unternehmens-IT, die Synchronisierung von Industrieprozessen und Entscheidungen in Echtzeit zu realisieren – und zu demonstrieren. Die von Microsoft in Hannover aufgebaute „Machine Cloud“ am Stand C04 der sogenannten „Bitkom Innovation Area Industrie 4.0“ in Halle 7 soll die Zusammenarbeit von Anlagenbetreibern und -herstellern zeigen – und welche Produktivitätssteigerungen durch eine verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung von großen Datenmengen möglich sind.

Anhand eines praktischen Anwendungsbeispiels aus der Getränkeindustrie wird der Nutzen aus der Integration von Maschine, Produktion und Hersteller für den Kundengezeigt. Microsoft hat sich diese Branche ausgesucht, weil die Produktion in der Getränkeindustrie einem kontinuierlichen Optimierungsprozess in einem sehr dynamischen Umfeld unterliegt. Die „Machine Cloud“ ist nach Ansicht der deutschen Tochtergesellschaft des amerikanischen Konzerns eine Chance, Betreiber und Hersteller zu einem effizienten Betriebsteam zu verknüpfen, das die Prozesssicherheit erhöht und Betriebskosten optimiert: Denn Maschinensteuerungen kommunizierten mit Cloud-Anwendungen, die Anomalien in den technischen Anlagen identifizieren und automatisch Service- und Instandhaltungsprozesse einleiten, bevor es zu Ausfällen kommt.

Am Microsoft-Messestand demonstriert die „Machine Cloud“, wie sich dieses Ziel durch offene, konfigurierbare Systeme und Kommunikationsstandards realisieren lässt. Sie soll die Möglichkeiten einer umfassenden horizontalen Integration von Menschen und Maschinen über Big Data-, Kommunikations- und Collaborationsdiensten aus der Cloud verdeutlichen, die rollenspezifisch auf mobilen und stationären Endgeräten bereitgestellt werden. Selbstlernende Assistenzsysteme reagieren dabei in Echtzeit auf Veränderungen in der Produktion und helfen damit, ungeplante Betriebskosten zu vermeiden.

An allen Messetagen werden zudem geführte Touren über den Bitkom-Stand angeboten.

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Anders denken und sich vernetzen: Industrie 4.0 fordert die Mitarbeiter

Die Welt des Maschinenbaus und der Produktion ist seit rund einem Jahr von einem Thema dominiert, der „Industrie 4.0“. Dies spürt nach eigenen Angaben auch die Unternehmensgruppe Weidmüller aus Detmold. Denn der Trend gehe vor diesem Hintergrund zur Systemlösung, und das Interesse am Einzelprodukt nehme ab.  So drastische Umbrüche zögen immer auch Erneuerungen der Arbeitsprozesse nach sich: Denn durch die technologischen Veränderungen werden häufig ganz andere Fähigkeiten und Qualifikationen auf Seiten der Mitarbeiter notwendig, hat man bei Weidmüller festgestellt. „Mit dem Aufkommen von Industrie 4.0 müssen Mitarbeiter von einem produktzentrierten auf ein systemtechnisches Denken umstellen“, beschreibt Roetger Sander, Leiter des International Training Center der Weidmüller-Akademie, die neuen HR-Herausforderungen.

Im Netz Foto: Carsten Knop
Im Netz Foto: Carsten Knop

„Es ist heute kaum noch möglich, alle Komponenten eines Systems samt ihrer Software in ihren Einzelheiten vollumfänglich zu verstehen. Das ist aber auch gar nicht nötig – viel wichtiger ist es, anstehende Probleme aus einer systematischen Sicht heraus lösen zu können“, wird Sander in einer Pressemitteilung zitiert. Zur Unterstützung dieses Wandels passe Weidmüller seit geraumer Zeit auch Weiterbildung und Trainings der Mitarbeiter an.  „Ging es früher in den Anwendungen der Kunden von Weidmüller in erster Linie darum, Klemme und Kabel effektiv zu kombinieren, geht es heute nicht mehr ohne ein grundsätzliches Verständnis, wie kombinierte Hardware und Software Probleme lösen.“

Darüber hinaus gebe es noch einen zweiten Aspekt, der sich mit den neuen Anforderungen von Industrie 4.0 für viele Mitarbeiter in den deutschen Produktionshallen ändere: „Ebenso wie die Maschinen sich vernetzen, müssen sich heute zusehends auch die Mitarbeiter vernetzen, um gemeinsam komplexe Probleme und Herausforderungen zu lösen. Mit Industrie 4.0 rücken Entwicklung, Engineering, Facharbeiter und auch Marketing näher zusammen – denn anders können Kundenwünsche nach kurzfristigen Variantenänderungen kaum erfüllt werden“, so Sander. Die Vernetzung mache dabei auch nicht vor den eigenen Unternehmen Halt. So hänge die Entscheidung in Deutschland oder in einem günstigeren Land produzieren zu lassen, auch davon ab, wie gut Mitarbeiter in der Lage sind, sich mit zum Beispiel chinesischen Kunden zu vernetzen. Schließlich gehe es bei Industrie 4.0 darum, Bedürfnisse nach einem kundenindividuellen Produkt kosteneffizient zu befriedigen – unabhängig von Ort oder Zeit. „Wer also spezifische Anforderungen aus dem chinesischen Markt auch bei kleinen Stückzahlen schnell in seiner Produktion integrieren kann, eben weil er intuitiv versteht, was sein Kunden wünscht, wird sich langfristig durchsetzen.“

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Siemens investiert in Start-ups, mehr Geld ist nötig

Eigentlich ist es eine gute Idee: Der Sektor Industry und die Venture-Capital-Einheit von Siemens haben vor einiger Zeit angekündigt, einen neuen Venture-Capital-Fonds mit einem Volumen von 100 Millionen Dollar aufzulegen. Der „Industry of the Future Fund“ – so heißt das Instrument – soll in ganz junge und dynamische Unternehmen investieren. Er ergänzt die bestehenden Venture-Capital-Fonds von Siemens, die in der Regel in mehr etablierte Start-Up-Unternehmen investieren.

Der neue Fonds wird Start-Up-Unternehmen schon in einer frühen Phase unterstützen. Ziel ist Partnerschaften mit Unternehmen zu fördern, die bestehende industrielle Märkte entweder revolutionieren oder durch bahnbrechende Technologien sogar ganz neue Märkte erschließen. Als Teil von Financial Services, wird die Venture-Capital-Einheit von Siemens den Industry of the Future Fund neben den bestehenden Venture-Capital-Aktivitäten von Siemens führen.

Auf der Cebit in Hannover: Start-ups auf dem Code-N-Stand. Foto: Carsten Knop
Auf der Cebit in Hannover: Start-ups auf dem Code-N-Stand. Foto: Carsten Knop

„Da Digitalisierung und Software im globalen Wettbewerb für Hersteller zunehmend an Bedeutung gewinnen, wird der Industry of the Future Fund die Industrie 4.0-Strategie von Siemens unterstützen. Dazu soll jungen Unternehmen Kapital zur Verfügung gestellt werden, deren innovative Technologien und Visionen Produktionstechniken und Industrieautomatisierung grundlegend verändern könnten,“ wird Siegfried Russwurm, der Vorstandsvorsitzende des Siemens-Sektors Industry, in der entsprechenden Mitteilung zitiert.

Idee und Ziel sind begrüßenswert – aber ist das nicht viel zu wenig Geld? Wie weit kommt die deutsche Industrie mit solchen Fonds, wenn in Amerika zum Beispiel allein durch die Erfolgsgeschichte von Whatsapp innerhalb von fünf Jahren viele Milliarden Dollar Wert geschöpft werden, die dann wieder in neue Projekte investiert werden können? Es ist schade: Deutschland liegt auf dem Gebiet der Wagniskapitalfinanzierung so weit zurück, das selbst so begrüßenswerte Initiativen wie diese von Siemens wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirken.

Interessant ist übrigens, in welche Unternehmen Siemens schon investiert hat – und wo sie sitzen. Geld bekamen die Unternehmen Lagoa (Sitz: Montreal, USA), das cloud-basierte, hochleistungsstarke 3D-Visualisierungs-Software anbietet und CounterTack (Sitz: Boston, USA), das Sicherheitssoftware der nächsten Generation entwickelt.

Deutschland muss in der Industrie 4.0 Gas geben, auch mit mehr Geld.

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Weidmüller: Industrie 4.0 muss jetzt konkreten Nutzen zeigen

In wenigen Wochen widmet sich die Hannover Messe dem Leitthema „Integrated Industry“ – also komplett vernetzten Produktionsanlagen für individualisierte, hochflexible und sich selbst steuernde Fertigungseinheiten. Der Elektronikspezialist Weidmüller aus Detmold wiederum arbeitet derzeit an verschiedenen Themen rund um die Industrie 4.0. Die Unternehmensgruppe ist ein international aufgestellter deutscher Mittelständler: Weidmüller verfügt über Produktionsstätten, Vertriebsgesellschaften und Vertretungen in mehr als 80 Ländern. Im Geschäftsjahr 2012 erzielte Weidmüller einen Umsatz von 621 Millionen Euro und beschäftigte rund 4400 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist davon überzeugt: Jetzt ist es Zeit, beim Thema Industrie 4.0 konkret zu werden.

"Condition Monitoring" üben heute schon Jugendliche, zum Beispiel mit Fischer Technik. Foto: Knop
„Condition Monitoring“ üben heute schon Jugendliche, zum Beispiel mit Fischer Technik. Foto: Knop

Man sehe zwei Trends. Zum einen werde der Platz im Schaltschrank kostbarer, weil immer mehr Elektronikkomponenten in die Schaltschränke integriert werden müssen. Miniaturisierung sei daher ein erster Trend. Ein anderer Trend ist die steigende Nachfrage nach einer Kommunikationsfähigkeit der Produkte, um bisher nicht verfügbare Daten und Informationen transparent zu machen. Das ziele auf das sogenannte „Condition Monitoring“, die Diagnose und besonders auf die intelligente, sich selbst steuernde Produktion.

Denn die Kunden müssten ihren Endabnehmern komplexere und individuelle Lösungen bieten, was nur in einem intelligenten Produktionsumfeld möglich sei. Als Lösungsanbieter kommt es für Weidmüller nach eigener Aussage deshalb darauf an, die Komponenten so weiterzuentwickeln, dass sie kommunikationsfähig werden und in den neuen Automatisierungsstrukturen aktiv zusammenarbeiten können. Seit der letzten Hannover Messe habe das Thema die gesamte Industriewelt wie auch die Politik erfasst und in seinen Bann gezogen – man begreife auf einmal die immense Chance, die sich dahinter verbirgt und es wird auf allen Ebenen daran gearbeitet und geforscht. Industrie 4.0 werde aber vielfach noch als recht abstrakt wahrgenommen. Der konkrete Kundennutzen, der dahinter stecke, müsse nun Schritt für Schritt mit konkreten Inhalten begreifbar gemacht werden. Es biete vielen Unternehmen die Möglichkeit, sich vom reinen Produkt zu lösen und sich in Richtung Lösungsanbieter zu entwickeln und in ihrer Produktion einen großen Mehrwert zu ernten.

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Capgemini: Industrielles Internet fordert auch Prozesse und Organisation

Mehr und mehr Partner werden in das Unternehmensnetzwerk eingebunden, wodurch dieses zunehmend „dynamischer“ und damit unübersichtlicher wird. Hinzu kommt: Herkömmliche Sicherheits-Ansätze greifen zu kurz, denn das industrielle Internet bedeutet weitaus mehr als die Vernetzung von Maschinen. Gerade die Prozesse und die Organisation müssen an die neuen Gegebenheiten angepasst werden, damit das Potenzial der Vernetzung ausgeschöpft werden kann. Davon jedenfalls ist das Beratungshaus Capgemini überzeugt.

So werden externe Akteure viel stärker als bisher in Kernprozessen der Entwicklung und Produktion mitwirken und auch Daten aus ausgewählten Abläufen werden Externen zur Auswertung und Optimierung zur Verfügung gestellt werden müssen (zum Beispiel Produktdaten, Maschinendaten, Kapazitätsdaten). Capgemini hat deshalb mehrere Empfehlungen erarbeitet, die Unternehmen aus der Sicht der Berater beachten sollten, wenn sie den Schritt Richtung Industrie 4.0 gehen. Ich stelle sie hier gerne zur Diskussion:

· Die Etablierung von klaren Regeln für die häufig ad-hoc entstehende Zusammenarbeitsmodi mit Lieferanten, Kunden und Konkurrenten ist entscheidend, um Sicherheit und Flexibilität in ein Gleichgewicht zu bringen.

· Übergreifende Zusammenarbeit: IT, Produktentwicklung, Produktion und die Datenschutz- und Informationssicherheitsbeauftragten müssen in Projekten mit sicherheitsrelevanten Daten und Abläufe frühzeitig eingebunden werden, idealerweise in gemeinsamen Workshops.

· Die Kontrolle der intelligenten Systeme und Maschinen durch menschliche Akteure ist ein wichtiges Element des industriellen Internets. In Bezug auf Informationssicherheit ist in diesem Rahmen das Monitoring von Events und Schnittstellen hervorzuheben, welches technisch durch sogenannte SIEM-Produkte (Security information and event management) unterstützt werden kann.

· Regelmäßige Trainings und Anpassungen müssen sicherstellen, dass Mitarbeiter sich über die Gefahren und Regelungen bewusst sind und somit kritische Daten nicht in die Hände von Zulieferern oder gar Konkurrenten kommen.

· Klare Regeln für Beschaffung und Betrieb: In Maschinen integrierte, hochkomplexe elektronische Hardware-Softwaresysteme (Embedded Systems) sind potenzielle Gefährdungsquellen, wenn sie weitreichend vernetzt werden. Veraltete Firmwares, unsichere Architekturen, proprietäre und nicht transparente Betriebssysteme sind in bestehenden Produktionslagen üblich und können ebenfalls ein Risiko darstellen. Systeme und bestehende Anlagen müssen analysiert und ggf. modernisiert werden, bevor sie an das Internet oder weitreichende Firmennetzwerke angeschlossen werden.

· Die lange Lebensdauer von Produktionsmaschinen (zumeist ein Vielfaches klassischer IT-Hardware). Die potenziellen Auswirkungen im Falle von Hacker-Angriffen oder Fehlfunktionen sind in einem übergreifenden Security-Konzept hervorzuheben. Ein gehackter Roboterarm in der Produktion kann – um ein überspitztes Beispiel zu wählen – weit mehr realen Schaden anrichten als es etwa eine kurze Downtime bei einem Online-Bestellformular vermag.

· Eine neue, übergreifende Rolle im Unternehmen: In der Organisation ist ein Security Manager zur funktionsübergreifenden Steuerung und Kontrolle, mit einem direkten Bezug zu den herkömmlichen und zukünftig auch produktionsnahen IT-Systemen, sinnvoll. Eine direkte Berichtslinie an die Unternehmensführung ist dabei vorzusehen, um die besondere Verantwortung und die neue Rolle zur Sicherstellung der Produktion, zu unterstreichen.

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