Mobilität: Bis 2030 werden autonom fahrende Taxis bis zu 40 Prozent des Gewinns der Automobilindustrie einfahren

Roland Berger-Studie analysiert Entwicklung der weltweiten Mobilität in den kommenden Jahrzehnten

Die Automobilbranche steht vor einer Zeitenwende: Werden heute noch über 70 Prozent der weltweit gefahrenen Kilometer mit Privatfahrzeugen zurückgelegt, so werden in den kommenden zehn Jahren Carsharing- und Mitfahrmodelle einen immer größeren Anteil am gesamten Mobilitätsangebot haben. Danach werden dann autonom fahrende Taxis, so genannte Robocabs, bis 2030 voraussichtlich auf knapp 30 Prozent zunehmen. Bis dahin werden nur noch 45 Prozent der gefahrenen Kilometer im Privat-Pkw zurückgelegt werden.

Diese radikale Entwicklung wird deutliche Folgen für die gesamte Automobilindustrie haben, so die Roland Berger-Experten in ihrer neuen Szenario-Studie „A CEO agenda for the (r)evolution of the automotive ecosystem“. Dabei identifizieren sie fünf Punkte, die für traditionelle Hersteller besonders wichtig sind, um für zukünftige Veränderungen im Ökosystem der Autobranche gewappnet zu sein.

Autonomes Fahren verändert die Branche

Eine besonders wichtige Rolle in diesem neuen Ökosystem spielt das autonome Fahren. „Die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde hat vor kurzem den Computer als möglichen Fahrer zugelassen. Damit ist ein weiterer Meilenstein in Richtung selbstfahrender Autos genommen“, erklärt Wolfgang Bernhart, Partner von Roland Berger. „Robocabs werden sich deshalb in den Großstädten sukzessive als kostengünstige und bequeme Alternative zum eigenen Auto etablieren.“

Doch schon jetzt verändert sich die Haltung der Autofahrer gründlich, unterstützt durch den Trend zur Shared Economy. So entstehen auch im Mobilitätsbereich neue Geschäftsmodelle, die mit den traditionellen Automobilherstellern um den Markt konkurrieren. „Natürlich werden auch in Zukunft noch Autos produziert und verkauft werden“, sagt Bernhart. „Aber die margenträchtigsten Geschäftsmodelle finden sich künftig im Bereich der Mobilitätsdienstleistungen. Die entscheidende Frage ist, wer diese Gewinne für sich beanspruchen wird.“



Autohersteller riskieren Verdrängung vom Markt

In ihrer detaillierten Analyse kommen die Experten zu dem Ergebnis, dass selbstfahrende Autos bis 2030 rund 40 Prozent des Gesamtgewinns der Automobilbranche ausmachen werden. Die traditionellen Hersteller sind in diesem Szenario die Verlierer. 2015 konnten sie noch knapp 40 Prozent des Gewinns auf sich konzentrieren; 2030 werden es nur noch knapp über 20 Prozent sein. Die Zuliefererindustrie trifft es dabei nicht weniger hart: Nach den Roland Berger-Berechnungen wird sich ihr Anteil am Gewinn voraussichtlich halbieren: von rund 30 Prozent im Jahr 2015 auf weniger als 15 Prozent 2030.

Auf der anderen Seite werden in diesem neuen Umfeld auch neue Geschäftschancen für die Automobilhersteller entstehen: Zum einen können sie sich selbst zu einem wettbewerbsfähigen Anbieter von Mobilitätslösungen weiterentwickeln. Zum anderen könnten manche der heutigen Autobauer sich zukünftig als Zulieferer für Mobilitätsanbieter etablieren, etwa indem sie sich auf die hocheffiziente Fertigung vollautonomer Fahrzeuge nach den Spezifikationen eines Mobilitätsanbieters spezialisieren.

Sicher ist allerdings, dass die traditionellen Automobilhersteller nicht mehr alleine auf dem Markt sein werden – neue Akteure drohen, etablierte Spieler nach und nach in die zweite Reihe zu drängen. Dabei werden neue Firmen mit innovativen Geschäftsmodellen vor allem den direkten Kontakt zu den Endkunden suchen – für die OEMs eine ernstzunehmende Bedrohung: „Für individuelle Beziehungen zwischen Nutzern von Mobilitätsdiensten und Herstellern von Fahrzeugen gibt es in einer Welt autonom fahrender Robotaxis immer weniger Spielraum und Bedarf“, erläutert Roland Berger-Partner Jan-Philipp Hasenberg. „OEMs drohen so den Anschluss zu ihrer direkten Zielgruppe zu verlieren.“

Bestehende Geschäftsmodelle sind nicht mehr wettbewerbsfähig

Die meisten Autohersteller spüren bereits den Wandel und haben deshalb neue Geschäftsmodelle auf den Markt gebracht – von Elektroantrieben über Carsharing-Angebote bis hin zu weiteren Mobilitätsservices. Doch oft sind das Initiativen, die im Kerngeschäft nur ungenügend verankert sind. Meistens handelt es sich noch um Experimente rund um das bestehende Geschäftsmodell oder um die Optimierung aktueller Technologien. „OEMs sollten nicht mehr nur linear Schritt für Schritt in alten Bahnen denken, sondern sich ganz grundsätzlich überlegen, welche Rolle sie in der zukünftigen Mobilitätswelt spielen wollen“, rät Hasenberg. „Nicht jeder Autohersteller wird zum globalen Mobilitätsanbieter werden können, daher sollte man bereits heute Alternativen entwickeln und die Weichen richtig stellen. Je länger die OEMs warten, desto weniger Spielraum werden sie auf dem Markt haben: Die Gewinnmargen werden enger und der Wettbewerb größer.“

Damit Automobilhersteller den Wandel zeitig und erfolgreich schaffen, haben die Roland Berger-Experten fünf wichtige Maßnahmen identifiziert, wobei die individuelle Schwerpunktsetzung aus der zukünftigen Zielrolle abzuleiten ist.

Kooperative Geschäftsmodelle:
Traditionelle Unternehmen sollten ihre organisatorischen Strukturen aufbrechen. Kooperative Geschäftsmodelle entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind dabei entscheidend; das vorherrschende „Silodenken“ gehört der Vergangenheit an.

Umfassende Mobilitätsangebote: In Zeiten zunehmender Umweltverschmutzung und dicht besiedelter Metropolen rücken effiziente, bequeme und umfassende Mobilitätsangebote in den Fokus. Die Freude am Fahren tritt dabei immer stärker in den Hintergrund.

Neue Servicekultur: Autohersteller sollten stärker die Kundensicht berücksichtigen und sich nicht ausschließlich auf die Produktoptimierung fokussieren. So sind für umfassende Mobilitätsangebote neue Apps, eine breite Datenerfassung und intelligente Algorithmen für die sinnvolle Nutzung von Big Data unverzichtbar.

Hocheffiziente, flexible Produktionsprozesse: Alle Produktionsabläufe sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Statt Produktinnovation steht Prozessinnovation im Mittelpunkt.

Digitales Arbeitsumfeld: Eine Veränderung des Geschäftsmodells in Richtung Mobilitätsdienstleistungen bedeutet auch, die Arbeitsbedingungen anzupassen: Weg von starren, hierarchisch geprägten Strukturen hin zu einer Kultur, die auch für Digital Natives attraktiv ist.

„Für Automobilhersteller ist es lebensnotwendig, ihre bestehenden Strukturen im Rahmen des neuen Ökosystems zu hinterfragen“, fasst Wolfgang Bernhart zusammen. „Wer in Zukunft auf dem Automobilmarkt weiterhin erfolgreich sein möchte, sollte die entscheidenden Veränderungen bereits heute anstoßen.“

Die Studie können Sie hier herunterladen: http://www.rolandberger.de/pressemitteilungen/

Automatisiertes Fahren: HERE stellt Autoindustrie HD-Kartendaten für Tests zur Verfügung

Erstmalig bietet HERE, ein Spezialist für digitale Karten, Verkehrsdaten und Location Intelligence, allen Automobilherstellern und -zulieferern hochauflösende Kartendaten von ausgewählten Straßenabschnitten in Deutschland, Frankreich, den USA und Japan für Testzwecke an. Damit will HERE die Entwicklungen im Bereich des hochautomatisierten Fahrens weiter vorantreiben. Derzeit arbeitet HERE bereits mit mehr als zehn führenden Unternehmen aus der Automobilindustrie an Projekten in diesem Bereich zusammen.

In Deutschland wurde bereits der Abschnitt der Autobahn A9 zwischen München und dem Autobahndreieck Holledau in High Definition (HD) kartographiert. Weitere Abschnitte sind Autobahnen und Highways in Frankreich und den USA. Noch in diesem Jahr kommen außerdem Straßenabschnitte in Japan hinzu. „Bereits seit drei Jahrzehnten stellen wir der Automobilindustrie Kartendaten zur Verfügung“, erklärt Bruno Bourguet, Senior Vice President of Sales and Business Development bei HERE. „Auf diese langjährige Beziehung wollen wir nun aufbauen und unsere Kunden dabei unterstützen, ihre Führung in der Entwicklung hochautomatisierter Fahrzeuge auszubauen.“

Erstellt werden die HD-Kartendaten durch das Abfahren der Straßen mit eigens dafür ausgerüsteten Fahrzeugen, den sogenannten HERE True Cars. Diese sind mit LiDAR ausgestattet und scannen ihre Umgebung auf bis zu zehn bis 20 Zentimeter genau. Durch das Sammeln von Milliarden an 3D-Datenpunkten wird ein Abbild der Straßenoberfläche entworfen, das sowohl die Anzahl der Fahrspuren als auch deren Breite erfasst. Darüber hinaus zeichnen die True Cars bedeutende Details wie sowohl die Neigung und Krümmung der Straße als auch Fahrbahnmarkierungen und Objekte am Straßenrand auf. Auch Straßenschilder und deren Bedeutung finden dabei Berücksichtigung. Das Unternehmen hat mit seiner Wagenflotte bereits mehrere private Teststrecken für Pilotprojekte mit automatiserten Fahrzeugen kartografiert. „Automatisiertes Fahren: HERE stellt Autoindustrie HD-Kartendaten für Tests zur Verfügung“ weiterlesen

Eine Fahrt Richtung Zukunft – mit Big Data

Das gesamte Netzwerk der Automobilindustrie – von Herstellern über Fahrer, bis zu Händlern, Werkstätten und Anbietern von Mobile Content – nutzt große Datenmengen (Big Data). Machen wir einen Ausflug in die (sehr) nahe Zukunft – von Yves de Montcheuil, VP Marketing des Softwarehauses Talend

Ob in den Planungs- und Herstellungsprozessen, in Gebrauch oder Wartung, große Datenmengen haben sich in den Lebenszyklus des Automobils eingeschlichen. Viele Hersteller, einschließlich Ford und Volvo, haben umfangreiche analytische Programme eingeführt, um Millionen von Datenpunkten zu nutzen, die von den Sensoren in den aktuellen Fahrzeugmodellen erzeugt werden. Es gibt bei diesen Programmen mehrere Ziele: Nutzungsanalysen, Kraftstoffeffizienz und Kohlenstoffemission, Sicherheit, Fahrzeugleistung und Wartungsmanagement. Die Programme prägen die neue Realität des Autos des 21. Jahrhunderts, wie ein Käufer eines Neuwagens (nennen wir ihn William) in seinem Alltag erleben wird – vielleicht schon morgen …

Wie William ein Auto kauft

William hat gerade beschlossen ein neues Auto zu kaufen. Er beginnt seine Suche im Internet, chattet mit Freunden in sozialen Netzwerken, liest Vergleiche und Bewertungen, die online von der Fachpresse veröffentlich wurden, und klickt auf zielgerichtete Bannerwerbung. Nach kurzer Zeit beginnt sich sein Posteingang mit Nachrichten zu füllen, die ihn dazu einladen, die neusten Modelle verschiedener Hersteller zu testen. Als William bei dem Autohaus einbiegt, das er sich ausgesucht hat, bekommt er eine SMS, in der ihm ein Preisrabatt auf das Modell angeboten wird, das gestern seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Er hat kaum einen Fuß aus seinem Auto gesetzt, als ein Verkäufer kommt um ihn zu begrüßen: Er wusste nicht nur, dass William heute vorbei kommt, er weiß auch, an welchem Modell er interessiert ist und hat bereits mehrere Angebote für ihn erstellt.

Yves de Montcheuil Foto: Talend
Yves de Montcheuil Foto: Talend

William braucht nicht sehr lange, um sich zu entscheiden. Nebenbei sollten wir festhalten, dass dieses Modell sowohl basierend auf Anwender-Feedback entworfen wurde, für das die Daten von den Sensoren früherer Generationen von Fahrzeugen gesammelt wurde, als auch auf Feedback von Händlern (Was ist beliebt oder ansprechend und was ist unattraktiv? Was wird benötigt und erwartet?). Sich veränderndes Nutzungsverhalten wurden ebenfalls berücksichtigt und diese Ergebnisse wurden verfeinert, basierend auf der Analyse mehrerer verschiedener Datentypen, einschließlich Leistungsdaten von Grand Prix Rennen und Prüfungen von Fachzeitschriften. William ist besonders an dem Navigationssystem der neuesten Generation interessiert, das nicht nur die Fahrzeit anderer Autofahrer verfolgt, um Staus zu verhindern, sondern auch hilft besonders unfallgefährdete Regionen zu meiden und Benzinverbrauch und damit Kohlenstoffausstoß zu optimieren.

Als das Fahrzeug geliefert wird, programmiert William als erstes seine Fahrer-Einstellungen: Position der Spiegel, Höhe des Sitzes und des Lenkrads, Temperatur und Lieblings-Radiosender. Diese Daten werden sofort in die Cloud übermittelt und können in anderen Fahrzeugen verwendet werden (Ersatz- oder Mietwagen). Er konfiguriert außerdem seine Mailbox (um Nachrichten im Freisprechmodus abzuhören) und seine Lieblingsrouten im Navigationssystem. Das ermöglicht ihm, die günstigste Tankstelle auf seiner Route zu lokalisieren, basierend auf seinem Ziel und dem aktuellen Kraftstoffverbrauch.

Williams erster Ausflug mit dem neuen Wagen ist leider lang und monoton. Kein Wunder, er hat in der Nacht vorher nicht viel geschlafen. Seine Augen beginnen zuzufallen und nach einiger Zeit wird er unaufmerksam und kann den Sicherheitsabstand zu den vorausfahrenden Fahrzeugen nicht mehr einhalten. Ein Alarm ertönt und eine freundliche Stimme empfiehlt ihm eine Pause einzulegen. Sein Fahrverhalten wird in Echtzeit analysiert und mit dem durchschnittlichen Normalverhalten von Autofahrern verglichen. Sich schließende Augen, ein Körper, der im Sitz zusammen sinkt, und schwankende oder schaukelnde Bewegungen des Kopfes sind Warnsignale für Schläfrigkeit. William entschließt sich zu einer Kaffeepause. Hätte er das nicht getan, hätte der Wagen im Falle von unmittelbarer Gefahr auf eine Art Autonavigation umgeschaltet oder einfach am nächsten Parkplatz oder Rastplatz gehalten.

Beim Durchblättern des Wartungshandbuchs seines Autos erfährt William, dass Wartung, die bisher auf der gefahrenen Distanz beruhte, nun personalisiert ist. Sie basiert auf den Informationen, die von zahlreichen Sensoren (Verschleiß der Bremsen, Motordrehzahl, Flüssigkeitsdruck, etc.) gesammelt wurden. Eine detaillierte Analyse dieser Daten (im Vergleich zu denen anderer Fahrer und der Beschreibung von Pannen oder Reparaturen, die von Händlern bearbeitet wurden) bestimmt den besten Zeitpunkt für eine Wartung. Da das Auto vernetzt ist, werden alle diese Daten in die Cloud gesendet, um statistische Modelle zu befüllen und Warnungen an den Fahrer zu schicken, falls eine potentielle Unregelmäßigkeit festgestellt wird. Zusätzlich können Fahrzeuge untereinander kommunizieren. So lassen sich potentielle Probleme im Voraus entdecken (Sicherheitsabstand, Pannenfahrzeug hinter einer Kurve, Stau, etc.).

Daten, die Markentreue fördern

Dies sind einige Beispiele der Zusatznutzen, die William dank Datenanalyse und Big Data genießt. Durch die Beobachtung des Fahrstils und unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs, können Hersteller nützliche Informationen senden, die das Fahrerlebnis verbessern werden. Im Gegenzug erhalten sie privilegierte Beziehungen mit dem Kunden aufrecht, die Markentreue fördern.

Viele andere Leistungen sind im Augenblick in der Entwicklung: Extrem schnelle Reparaturen und Wartung, biometrische Steuerung des Türschlosses, Verfolgung im Diebesfall (und Stilllegung des Fahrzeugs), gezielte und standortbezogene Werbebotschaften via Radio, Wetter- und Naturkatastrophen-Alarm, Anpassung des Versicherungstarifs basierend auf dem Fahrverhalten, Autopilot, individuelle Musikprogramme, Reiseführer, mobile Zahlung, etc..

Jenseits ihres Kerngeschäfts bilden Hersteller heute ein wahres Netzwerk von Dienstleistern, für das Big Data der Kraftstoff der Zukunft ist. Abgesehen vom Ziel ihre Verkäufe und Gewinnmargen zu bewahren, erfinden einige Hersteller ihr Geschäft dank Big Data komplett neu. Jeder einzelne Kunde wird von der erhöhten Sicherheit, der verbesserten Wartung und dem gesteigerten Fahrkomfort profitieren und schließlich ein vollkommen innovatives und bahnbrechendes Nutzererlebnis genießen.