Studie: Deutschlands Aufsichtsräte auf der Suche nach Fach- und Branchenexpertise

Die Aufsichtsräte großer deutscher Unternehmen sind zunehmendem Druck seitens des Gesetzgebers und von Behörden, Investoren, Medien und Konsumenten ausgesetzt. Der Anspruch: Gute Beratung und Überwachung erfordern die professionelle Besetzung der Aufsichtsgremien entsprechend der regulatorischen und strategischen Veränderungen. Das bedeutet, Fach- und Branchenkenntnisse werden immer wichtiger und die Vergütung muss der gestiegenen Komplexität der Aufsichtsratstätigkeit Rechnung tragen. Traditionelle Netzwerke reichen für die Neubesetzung nicht mehr aus. Dies sind zentrale Erkenntnisse des „Board Index 2016“ – darin analysiert die globale Top Executive Search Beratung Spencer Stuart aktuelle Entwicklungen in Aufsichtsräten maßgebender, börsennotierter Gesellschaften in Deutschland, auch im Vergleich zu internationalen Kennzahlen.

„Die Zeit der traditionellen Altherrenclubs ist endgültig vorbei. Beschleunigt durch den Deutschen Corporate Governance Kodex, europäische Regulierung und die stärkere Beobachtung seitens der Stakeholder haben sich Aufsichtsräte in den vergangenen Jahren stark professionalisieren müssen“, erklärt Dr. Willi Schoppen, Leiter der Board Practice von Spencer Stuart in Deutschland. „Und das ist gut so. Denn aus unserer Beratungspraxis und Effizienzprüfungen wissen wir, dass Zusammensetzung, Leitung und Kultur ganz wesentlich über die Performance der Gremien entscheiden.“

Digitalisierung und Frauenquote verändern Expertenmix

Nach der aktuellen Analyse von Spencer Stuart folgt der Erfahrungshintergrund der deutschen Aufsichtsräte der ökonomischen Entwicklung: Unter den derzeitigen Anteilseignervertretern in den Gremien ist Erfahrung in der Leitung von Unternehmen mit einem 68-prozentigen Anteil offensichtlich nach wie vor die herausragende, allerdings leicht schwindende Voraussetzung für eine Mitgliedschaft. Die Kernkompetenz Finanzen in Aufsichtsräten ist mit knapp 48 Prozent nahezu stabil geblieben. Doch hat sich die Nachfrage nach Technik- und Digitalisierungskompetenz erneut erhöht – der Anteil von Aufsichtsratsmitgliedern mit dieser Expertise liegt nun bei fast 20 Prozent. Auch die Kenntnisse im Bereich Recht und Compliance sind jetzt mit neun Prozent stärker vertreten. Der Anteil von Mitgliedern mit Erfahrung in den Bereichen Medien und Beratung hat sich, wenn auch auf niedrigem Niveau, seit 2014 spürbar erhöht, bei weiblichen Aufsichtsräten sogar verdoppelt beziehungsweise verfünffacht. Bei den vom Quotengesetz betroffenen Unternehmen beträgt der durchschnittliche Frauenanteil auf der Anteilseignerbank bereits 26,4 Prozent und liegt damit nahe an der Mindestmarke von jeweils 30 Prozent. Allerdings: Nur noch 54 Prozent der Vertreterinnen der Anteilseigner im Aufsichtsrat und damit fünf Prozentpunkte weniger als vor zwei Jahren haben Erfahrung in der Unternehmensleitung – ein möglicher Indikator dafür, dass der Pool an Kandidatinnen hier momentan ausgeschöpft sein könnte. „Studie: Deutschlands Aufsichtsräte auf der Suche nach Fach- und Branchenexpertise“ weiterlesen

Board Dialog: Experten definieren neue Rolle von Aufsichtsrat und Management im digitalen Wandel

In Zeiten von Big Data und Industrie 4.0 müssen deutsche Manager und Aufsichtsräte dem digitalen Wandel offensiver begegnen und ihn mit innovativen Geschäftsmodellen proaktiv mitgestalten – zu diesem Ergebnis kommt der 5. Board Dialog der Board Academy (www.board-academy.com) in Frankfurt am Main. Board Academy Gründer und Geschäftsführer Guido Happe erklärt: „Wir erleben im Zuge der Digitalisierung nicht nur rasante technische Veränderungen, sondern vielmehr tiefgreifende kulturelle Transformationsprozesse. Der Anspruch der automatischen, schnellen und effizienten Kommunikation im Kern der Industrie 4.0 muss sich auch in den Gremien und Vorständen von heute und morgen wiederspiegeln.“

Digitaler Wandel ist die wichtigste strategische Herausforderung für deutsche Unternehmen

Auch die erfahrene Aufsichtsrätin und Director’s Channel Gründerin Viktoria Kickinger nennt in ihrer Keynote Speech im Rahmen des Board Dialogs die Digitalisierung als entscheidenden und branchenübergreifend deutlich spürbaren Changemaker: „Der digitale Wandel bleibt in den kommenden Jahren die mit Abstand wichtigste strategische Herausforderung für deutsche Unternehmen – nicht nur im Vorstand, sondern insbesondere auch in Aufsichts- und Beiräten. Digitale Kompetenz in Gremien und Management ist dabei längst keine Kür mehr, sondern absolute Pflicht.“




Neben Kickinger diskutierten beim Board Dialog unter anderem Experten von RWE, Beiten Burkhardt, Crownlake Management sowie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie, der Technischen Universität Berlin, der MELO Group und der ec4u expert consulting ag in Vorträgen und Workshops, welche Weichen es im Rahmen einer erfolgreichen digitalen Unternehmensstrategie zu stellen gilt. So analysierte Günther Schuh, u.a. Direktor des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie, den Status der Industrie 4.0 in Deutschland in einem Impulsvortrag, während Stefanie Kemp, Leiterin CIO Office bei RWE, den InnovationHUB des Energiekonzerns vorstellte.

Die Board Academy (www.board-academy.com) ist nach eigenen Angaben eine internationale Initiative für Qualifikation, Integrität und gesellschaftliche Verantwortung in Aufsichtsräten und Beiräten. Namhafte und erfahrene Experten bereiten Geschäftsführer, Vorstände und andere Führungspersönlichkeiten in einem umfassenden Zertifizierungsprogramm gezielt auf die komplexen und anspruchsvollen Herausforderungen moderner Gremienarbeit vor. Zusätzliche Tages- und Vertiefungsseminare ermöglichen Aufsichts- und Beiratsmitgliedern zudem individuelle und praxisnahe Weiterentwicklungsmöglichkeiten.