„Smarte Maschinen – Wie Künstliche Intelligenz unser Leben verändert“, ein Buch von Ulrich Eberl

Ein Beitrag von unserem neuen Redaktionsmitglied Rainer Weihofen

Nach fast 400 Seiten Lektüre steht ein einfaches Fazit: Ob es in naher Zukunft wirklich smarte (clevere, gewitzte, sehr geschickte) Maschinen geben wird, ist weiterhin fraglich, smarte Bücher gibt es jedenfalls schon heute. Ulrich Eberl, Biophysiker und Wissenschaftsjournalist, hat in seinem Buch „Smarte Maschinen – Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändert“ einen cleveren Rundumschlag abgeliefert und die grossen Themen Maschinelles Lernen für Künstliche Intelligenz, Big Data und Robotik in kleine, kurzweilige und bisweilen gewitzte Informationshappen zerlegt.

Das Buch spannt einen weiten Bogen und liefert einen schnellen, meist einfach zu verstehenden Überblick über die wichtigsten Themen und Technologien, die den Entwicklern in Forschungsinstituten und Industrieunternehmen auf dem Weg zu „smarten Maschinen“ begegnen: Deep-Learning, semantische Suche oder Neurochips. Viele anschauliche Beispiele oder überraschende Fakten ergänzen die technisch-wissenschaftlichen Ausführungen. So erfährt der Leser im Kapitel „Deep-Learning“, dass die Synapsen im menschlichen Gehirn eine Gesamtlänge von sechs Millionen Kilometern haben, und ahnt, dass die Technik der Neuronalen Netzwerke davon wohl noch ein gutes Stück entfernt ist. Der Autor beschreibt die wesentlichen Querverbindungen zwischen den Fachgebieten und gibt einen Eindruck, was zusammenwachsen wird und was schon zusammengewachsen ist.

Wer gewinnt? Menschliche gegen künstliche Intelligenz. Foto: privat

So begegnen uns Deep-Learning-Systeme und Big Data in unserem Alltag im Duett, zum Beispiel in Navigationssystemen oder bei Google Search. Viele Milliarden Anfragen (Big Data) erreichen Google Tag für Tag. Das Verhalten der Suchenden, hilft den Algorithmen beim Lernen: „Wenn jemand zum Beispiel ‚Nikolaus‘ eintippt und dann auf ein entsprechendes Bild klickt, weiss die Suchmaschine von Mal zu Mal besser, wie ein Nikolaus aussieht (Deep-Learning)“, illustriert der Autor den Prozess anschaulich.

Ulrich Eberl zählt in seinem Buch auch die gegenwärtigen Unzulänglichkeiten der Systeme und Komponenten auf. So erfährt der Leser, dass sich Deep-Learning-Systeme mitunter täuschen lassen und in Bildern, die nur statistisches Rauschen enthalten oder rein abstrakt daherkommen, plötzlich Dinge erkennen, die nicht vorhanden sind, und die ein Mensch bestenfalls im Drogenrausch erkennen würde.



Gesellschaftspolitische und ethische Fragen haben in Eberls Buch ebenfalls einen Platz gefunden. Was passiert, wenn der von smarten Maschinen generierte Wohlstandszuwachs bei den meisten Menschen gar nicht ankommt? Welche Jobs fallen weg, verändern sich, entstehen neu? Wie muss sich das Bildungssystem an die vierte industrielle beziehungsweise an die digitale Revolution anpassen? Werden die Menschen von Künstlicher Intelligenz nach und nach entmündigt? Wie gefährlich werden Cyberwaffen in einer immer enger vernetzten Gesellschaft? Und wird es schon bald autonome Killerroboter geben, die selbstständig über Leben und Tod entscheiden?

Nach dem Parforceritt durch das rasend schnell expandierende digitale Universum könnte der Eindruck zurückbleiben, der Autor habe nur an der Oberfläche der vielen, komplexen Themen gekratzt und sei die tieferen Analysen schuldig geblieben. Auf den ersten Blick ist dieser Eindruck richtig. Doch Eberl hat seinen Texten eine Fülle von Fussnoten beigefügt, die zu Originalarbeiten, Übersichtsseiten und Videos oder zu Forschungseinrichtungen und Unternehmen führen, mit denen sich alle angesprochenen Aspekte nahezu beliebig vertiefen lassen. Die meisten Fussnoten enthalten entsprechende Links, die sich am besten mit der elektronischen Version des Buches nutzen lassen.

Wer sich schnell und unkompliziert einen Überblick über eines der zurzeit interessantesten und neben der Gentechnik vielleicht brisantesten Forschungsgebiete verschaffen will, ist mit dem Buch von Ulrich Eberl gut bedient. Und wer es genauer wissen will, kann von hier aus in die Welt der Künstlichen Intelligenz aufbrechen und zum Beispiel dem Roboter iCub am Istituto Italiano di Tecnologica in Genua beim Lernen zuschauen oder ausprobieren, ob der Chatbot Rose den berühmten Turing-Test besteht.

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