„Pay per Use“ im Maschinen- und Anlagenbau?

Schneller und effizienter produzieren, neue Anwendungsfelder erschließen und individuelle Kundenwünsche ganzheitlich bedienen: Solche Potenziale verheißt Industrie 4.0. Vorausgesetzt die Geschäftsmodelle sind den neuen Anforderungen angepasst. In der im März erschienenen Studie „Geschäftsmodellinnovationen durch Industrie 4.0 im Maschinen- und Anlagenbau“ hat das Fraunhofer IPA in Kooperation mit der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) Ansätze entwickelt, mit denen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle für Industrie 4.0 gestalten können. „Industrie 4.0 wirkt sich nicht nur auf das Produkt und seine Fertigung aus, sondern insbesondere auch auf die Geschäftsmodelle“, betont Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer IPA und Herausgeber der Studie. »Künftig werden Hersteller daher ihre meist personalisierten Produkte auf ganz neue Art und Weise anbieten«, so der Institutsleiter. Diesen Auswirkungen von Industrie 4.0 kommt die Studie auf die Spur. Sie untersucht zunächst, welche Veränderungen sich für den Maschinenbau durch die zunehmende Durchdringung mit IT abzeichnen, dann welche Anforderungen sich daraus auf Geschäftsmodelle ergeben. Des Weiteren entwirft sie zwei Szenarien, wie die Entwicklung der Geschäftsmodelle aussehen könnte: Ihre Bandbreite erstreckt sich von evolutionären bis hin zu disruptiven Geschäftsmodellen. Schließlich skizzieren die Wissenschaftler und Unternehmensberater Lösungsansätze. Diese Wege können die Unternehmen beschreiten, wenn sie ihr Geschäftsmodell im Rahmen von Industrie 4.0 anpassen. Dazu der Mitherausgeber, Volkhard Emmrich, Managing Partner bei Dr. Wieselhuber & Partner: „Die Geschäftsmodelle der Industrie 4.0 im Maschinen- und Anlagenbau werden einer neuen Erfolgslogik folgen: Die konsequente Serviceorientierung steht dabei klar im Vordergrund.“

30 Unternehmen aus Maschinen- und Anlagenbau und IT-Branche interviewt

Da die IT-Branche die Technologien liefert, die der Maschinen- und Anlagenbau zur Um-setzung von Industrie 4.0 braucht, hat das Forscherteam Experten beider Branchen befragt. »Einerseits wollten wir herausfinden, inwiefern Unternehmen das Thema Industrie 4.0 überhaupt beachten. Andererseits möchten wir ihnen eine Richtschnur geben, wie sie zu einem Geschäftsmodell Industrie 4.0 kommen, das zu ihnen passt«, beschreibt der IPA-Institutsleiter die Intention. „Aus der Perspektive des Maschinen- und Anlagenbaus steht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf der Basis einer Lebenszyklus- und Serviceorientierung noch am Anfang. Im Fokus steht beim Maschinenbau nicht die übergreifende Vernetzung ganzer Produktionssysteme, sondern die digitale Veredelung seiner jeweiligen Nischenprodukte“, fasst die stellvertretende Geschäftsfeldleiterin Maschinen- und Anlagenbau am Fraunhofer IPA, Anja Schatz, die wichtigsten Ergebnisse zusammen. Außerdem würde das disruptive Potenzial von Geschäftsmodellinnovationen vielfach unterschätzt.

Die IT hingegen versteht sich als systematischer Treiber der Geschäftsmodellentwicklung in Richtung produzierende Unternehmen. Sie unterschätzt jedoch die Vielfalt der Fertigungstechnologien, die abgedeckt werden müssen. Ihrer Ansicht nach werden große unabhängige Softwareplattformen mit kleinen Speziallösungen entstehen. Auf dem neuen Markt wird unabhängige Steuerungs- und Optimierungs-Software mit proprietärer Maschinenbau-Software konkurrieren.

Trifft die Einschätzung der Experten zu, bleibt das nicht ohne Konsequenzen für den Maschinen- und Anlagenbau: „Die klassische Branchengrenze verschiebt sich zur IT. Markteintritte Dritter würden wahrscheinlicher. Maschinen- und Anlagenbauer machen sich durchaus Gedanken zu diesen neuen Herausforderungen, schauen aber oft nicht weit genug über den Tellerrand oder erkennen die neuen Möglichkeiten nicht“, so bewertet der Branchenexperte bei W & P, Mathias Döbele, die Interviews.

Mit den Ergebnissen aus Interviews, Workshops und der Fachliteratur haben das Fraunhofer IPA und W&P gegensätzliche Szenarien für die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen im Maschinen- und Anlagenbau entworfen. „Unterschieden wird beispielsweise zwischen evolutionären und disruptiven Formen von Geschäftsmodellinnovation. Wir werden nämlich neben den fortentwickelten bekannten Vertriebswegen völlig neue Formen der Geschäftsabläufe erleben“, erklärt Bauernhansl. Die Studie gibt konkrete Hilfestellungen, wie Unternehmen neue Geschäftsmodelle tatsächlich entwickeln und umsetzen können. „Eine typische Empfehlung lautet, nicht nur auf den direkten Auftraggeber, sondern viel-mehr auf die Bedürfnisse des Endabnehmers einzugehen, um Nutzen- und Wertperspektiven insgesamt zu erfassen“, so Bauernhansl. Weiterhin legt das IPA den Unternehmen nahe, mit bedarfsorientierten Nutzungsmodellen wie „Pay per Use“ flexibler auf Kundenwünsche einzugehen und sich mit anderen Systemen auf Plattformen zu vernetzen.

Eine Antwort auf „„Pay per Use“ im Maschinen- und Anlagenbau?“

  1. Ein klassischer Widerkäuer! Die Transformation von Product-to-Service läuft schon seit der Internetblase. Waschmaschinenunternehmen aus dem ThinkTank in Norditalien haben damals schon ‚Pay per Use‘ angeboten. Die Herausforderung liegt hier nicht in Technologien, sondern in der synchronisierten Transformation des individuellen Geschäfts unserer Mittelstandsindustrie hin zu einer produktbasierenden Dienstleistung, ohne die historischen Stärken im Maschinenbau nicht zu riskieren – und natürlich den CashFlow trotzdem noch im Griff zu haben. Und natürlich ist dann das ein verändertes Geschäftsmodell.

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