Onlinehandel kettet Geld der Einzelhändler fest

Die Working-Capital-Situation der 40 größten Handelsunternehmen in der DACH-Region hat sich über die vergangenen Jahre massiv verschlechtert. Der Einzelhandel bezahlt seine Lieferanten im Schnitt zwölf Tage früher als noch vor fünf Jahren – der Zeitraum bis zum Geldeingang von den Endkunden verlängert sich indes. Vor allem der Kundenwunsch nach Rechnungskauf im Internet sowie Retouren binden vermehrt Kapital. Die Studie „Cash for Growth – Working Capital in the Retail Sector“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC identifiziert ungenutztes Potenzial.

4,9 Milliarden Euro an der Kette

Die Kapitalbindungsdauer bei den 40 größten Handelsunternehmen in der DACH-Region beträgt inzwischen durchschnittlich 57 Tage, bei Sportartikeln und Luxusgütern gar 86 Tage. „Gebundenes Kapital fehlt den Unternehmen für Investitionen in die Zukunft“, erklärt Rob Kortman, Working-Capital-Experte bei PwC in Deutschland. „Unsere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die großen Handelsunternehmen in der DACH-Region ihre Working-Capital-Performance um bis zu 4,9 Milliarden Euro verbessern könnten.“

Kunden zahlen später

Im Schnitt bezahlen die Handelsunternehmen ihre Lieferanten zwölf Tage früher als noch vor fünf Jahren. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die 2013 eingeführte EU-Direktive zum Zahlungsverzug. Sie verschärfte die Vorgaben zu Zahlungsverpflichtungen der Händler gegenüber Lieferanten. Zugleich kommt das Geld der Kunden durchschnittlich 0,5 Tage später beim Einzelhandel an – ein Trend, der vor allem im Onlinehandel begründet ist: „Der Kauf auf Rechnung ist bei Onlineshoppern sehr beliebt. Der Kunde will seine Produkte so schnell wie möglich geliefert bekommen, lässt sich mit der Bezahlung aber gern mal Zeit“, sagt Rob Kortman. Komplexere Lieferketten als im stationären Handel sowie das Retourenmanagement verschlechtern die Working-Capital-Performance zusätzlich. Insbesondere die Ausdehnung der Rückgabefristen schränkt die Liquidität der Händler spürbar ein.

Verbesserungen erfordern Maßnahmenmix




„Der Einzelhandel verfügt über zahlreiche Möglichkeiten, seine Liquidität mit vergleichsweise einfachen Mitteln zu erhöhen“, ist Rob Kortman überzeugt. „Eine stringentere Vertragsgestaltung stärkt die Cash-Position im Einkauf. Auf der Forderungsseite wiederum lässt sich unter anderem durch Factoring, straffere Zahlungsziele oder eine bessere Risikopolitik eine Menge erreichen. Und auch in der Lagerhaltung liegt – trotz Fortschritten in jüngerer Vergangenheit – noch viel Potenzial, insbesondere im Retourenprozess des Onlinehandels.“

Für die Studie „Cash for Growth – Working Capital in the Retail Sector“ untersuchte PwC die 40 umsatzstärksten Handelsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die vollständige Studie finden Sie zum kostenlosen Download unter: www.pwc.de/cashforgrowth

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