Industrie 4.0: Smart Maintenance wird der Jobmotor der Zukunft sein

Die industrielle Instandhaltung erwirtschaftet allein in Deutschland Anlagenverfügbarkeiten und Produktivitätswerte im Gegenwert von einer Billion Euro. Doch diese Schlüsselindustrie ist nicht ausreichend auf die vierte industrielle Revolution vorbereitet. Die „POSITION Smart Maintenance>“ von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften empfielt deshalb eine stärkere Forschungsförderung für die intelligente Instandhaltung und die Einrichtung eines Implementierungsrats für gemeinsame Vorhaben von Wissenschaft und Wirtschaft. Denn insbesondere in der Instandhaltung werden im Zeitalter der Industrie 4.0 Arbeitsplätze entstehen.

Jeder Euro, der in die Instandhaltung investiert wird, vermeidet Folgekosten durch Unfälle oder Störungen von drei bis fünf Euro. Dieser Faktor dürfte in Zukunft noch steigen: Die Herstellung maßgeschneiderter Lösungen für individuelle Kunden – eines der zentralen Versprechen der Industrie 4.0 – macht die Produktion der Zukunft deutlicher komplexer und damit wartungsintensiver. Die Anzahl der Komponenten wächst rasch. Die Digitalisierung und Vernetzung der Industrie schafft weitere mögliche Störfaktoren. Um diese steigende Komplexität zu bändigen, müssen auch Wartung und Reparatur modernisiert werden.

„Das Konzept der Industrie 4.0 lässt sich nur mit einer intelligenten und vernetzten Instandhaltung umsetzen“, erläutert acatech Projektleiter Axel Kuhn vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik. „Smart Maintenance ist ein Enabler für die digitale Transformation der deutschen Wirtschaft. Nur eine intelligente Instandhaltung macht die Komplexität in der Fabrik der Zukunft beherrschbar und schafft hochwertige Arbeitsplätze.“ Smart Maintenance ist damit der Schlüssel für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, erklärt der zweite Projektleiter Michael Henke, Institutsleiter am Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik ist. „Die Vision der Smart Factory, die ja im Kern der Industrie 4.0 steht, lässt sich ohne eine zu einer Smart Maintenance weiterentwickelten Instandhaltung nicht realisieren.“

Sichere Arbeitsplätze: “Maintained in Germany“

Bereits 2013 kamen die Oxford-Forscher Carl Benedikt Frey und Michael Osborne zum Schluss, dass rund die Hälfte aller Arbeitsstellen in den USA automatisiert werden könnten. Störungen hingegen lassen sich nicht von Automaten beheben – hier bleiben menschliche Expertise und Kreativität unverzichtbar. Dabei verändern sich jedoch die Anforderungen. Statt körperlicher Arbeit werden IT-basierte und planende Tätigkeiten wichtiger. Vielleicht könnte man noch den zweiten Projektleiter, Michael Henke, zitieren: „Die Vision der Smart Factory, die ja im Kern der Industrie 4.0 steht, lässt sich ohne eine zu einer Smart Maintenance weiterentwickelten Instandhaltung nicht realisieren“.




Damit wird Smart Maintenance auch für ältere Arbeitnehmer attraktiver. Kunden erwarten neben hochwertigen Produkten „Made in Germany“ zusehends auch erstklassige Dienstleistungs- und Servicepakete. Die Umstellung lohnt sich: Die Gewinnspanne bei Maschinen und Anlagen liegt bei zwei bis drei Prozent. Dienstleistungen nach Verkauf der Maschinen und Anlagen erwirtschaften hingegen Überschüsse von zwanzig Prozent und mehr. Das Label „Maintained in Germany“ könnte in Zukunft für ein neues Qualitätsversprechen und einen internationalen Wettbewerbsvorteil stehen.

Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Verbände

acatech formuliert zehn Empfehlungen für Politik, Wirtschaft, Industrie, Verbände und Institutionen. Unter anderem sollte Smart Maintenance in der staatlichen Forschungsförderung stärker berücksichtigt und in die Hightech-Strategie der Bundesregierung integriert werden. Näher erforscht werden muss beispielsweise die Analyse knapper und schlecht vergleichbarer Daten. Ein zu schaffender Implementierungsrat aus Forschern und Industrievertretern sollte die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft vorantreiben. Die Instandhaltung wird zur Smart Maintenance der Industrie 4.0 auf Basis von Daten. Rechtssicherheit ist dabei eine Grundvoraussetzung: Industrie- und Kundendaten müssen vor Missbrauch und Diebstahl geschützt werden. Auch brauchen Unternehmen eine Rechtsgrundlage, um Daten speichern und verarbeiten zu können. In firmenübergreifender Kooperation sollten Standards für IKT-Prozesse entwickelt und harmonisiert werden. Die technischen Komponenten der Instandhaltung müssen verstärkt genormt werden. Gefragt sind Unternehmen und Verbände auch bei der Schulung von Fach und Führungskräfte. Noch fehlen bedarfsgerechte Qualifikationsmodelle.

Die Ergebnisse des seit Dezember 2014 laufenden acatech Projekts „Smart Maintenance für Smart Factories“ fasst eine acatech POSITION zusammen:

acatech (Hrsg.): Smart Maintenance für Smart Factories. Mit intelligenter Instandhaltung die Industrie 4.0 vorantreiben (acatech POSITION), München: Herbert Utz Verlag 2015.

Über acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften

acatech vertritt die deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen. Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Zu den Mitgliedern der Akademie zählen herausragende Wissenschaftler aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. acatech finanziert sich durch eine institutionelle Förderung von Bund und Ländern sowie durch Spenden und projektbezogene Drittmittel. Um die Akzeptanz des technischen Fortschritts in Deutschland zu fördern und das Potenzial zukunftsweisender Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft deutlich zu machen, veranstaltet acatech Symposien, Foren, Podiumsdiskussionen und Workshops. Mit Studien, Empfehlungen und Stellungnahmen wendet sich acatech an die Öffentlichkeit. acatech besteht aus drei Organen: Die Mitglieder der Akademie sind in der Mitgliederversammlung organisiert; das Präsidium, das von den Mitgliedern und Senatoren der Akademie bestimmt wird, lenkt die Arbeit; ein Senat mit namhaften Persönlichkeiten vor allem aus der Industrie, aus der Wissenschaft und aus der Politik berät acatech in Fragen der strategischen Ausrichtung und sorgt für den Austausch mit der Wirtschaft und anderen Wissenschaftsorganisationen in Deutschland. Die Geschäftsstelle von acatech befindet sich in München; zudem ist acatech mit einem Hauptstadtbüro in Berlin und einem Büro in Brüssel vertreten.

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