Automatisierung ist keine Bedrohung für den Arbeitsmarkt

VDMA: Industrie 4.0 rückt die Fähigkeiten des Menschen in den Mittelpunkt

Eine aktuelle Studie des World Economic Forum (WEF) zur Zukunft der Arbeit nimmt Veränderungen des Arbeitsmarktes bis zum Jahre 2020 ins Visier. „Die düstere Vision, die in dieser Studie beschrieben wird, können wir überhaupt nicht teilen“, sagt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des VDMA. „Große Automationswellen in den vergangenen Jahrzehnten haben weder zur Auslöschung von Berufen geführt noch die Beschäftigung insgesamt verringert. Steigende Produktivität führt zu mehr Wohlstand und damit zu einer erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften.“

Hohe Roboterdichte und Beschäftigungsrekord in Deutschland

Laut der WEF-Studie werden unter dem Strich aufgrund rapider technologischer Fortschritte weltweit 5,1 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, lautet der Schluss der Autoren. Deutschland ist jedoch ein Gegenbeispiel für diese These: Die deutsche Volkswirtschaft besitzt die dritthöchste Roboterdichte der Welt und hat dennoch einen neuen Beschäftigungsrekord aufgestellt. Exponentiell wachsende Prozessorleistungen und Fortschritte in der künstlichen Intelligenz werden diesen Zusammenhang nicht beenden. Professor David Autor, Arbeitsmarktforscher am MIT, kommt zum Schluss, dass Substitutionseffekte von Experten regelmäßig überbewertet, komplementäre Effekte hingegen unterbewertet werden (Zitat Prof. Autor: „Journalists and even expert commentators tend to overstate the extent of machine substitution for human labor and ignore the strong complementarities between automation and labor“). Weiter sagt er: „Menschen können durch Computer ersetzt werden, wenn es um Routineaufgaben geht, die sich in Programmiercode beschreiben lassen. Gleichzeitig verstärkt sich der komparative Vorteil der Arbeiter und Angestellten, die Problemlösungskompetenz, Anpassungsfähigkeit und Kreativität zu bieten haben.“


Neue Automatisierungsansätze der Industrie 4.0 setzen auf die Kombination spezifisch menschlicher und maschineller Stärken. Deutlich wird dies im Trend der Mensch-Roboter-Kollaboration, bei der beide Partner Hand in Hand arbeiten. Während der Roboter schwere Teile hält und präzise positioniert, konzentriert sich der Mensch auf Aufgaben, die besonderes Geschick, Feingefühl und Flexibilität erfordern. Menschliche Arbeit wird dabei nicht ersetzt, sondern unterstützt.

Nicht Berufe werden automatisiert, sondern Tätigkeiten

Zahlreiche Analysen beschäftigen sich mit der Substituierbarkeit von Berufen durch Automatisierung und Computerisierung. So geben Osborne und Frey in ihrer viel zitierten Studie die Automatisierungswahrscheinlichkeit von Hunderten von Berufen an. Genau genommen werden allerdings nicht Berufe automatisiert, sondern Tätigkeiten. Die meisten Berufe enthalten somit automatisierbare und nicht automatisierbare Anteile. Durch die fortschreitende Automatisierung entfallen diese Berufe in der Regel nicht; sie verändern sich. Automatisierungstechnik übernimmt Routinetätigkeiten und macht den Menschen produktiver.

Sowohl das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) als auch das Institut für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit haben ihre Analysen richtigerweise auf die Automatisierbarkeit von Tätigkeiten aufgestellt und kommen zum Schluss, dass lediglich 9 -15 Prozent der Berufe hauptsächlich hoch automatisierbare Tätigkeiten umfassen. Neu entstehende Berufe und Tätigkeiten können dies auf dem Arbeitsmarkt kompensieren.

Automatisierung muss sich rechnen

Eine reine Betrachtung der potentiellen Automatisierbarkeit von Tätigkeiten bleibt theoretisch. „Unternehmen werden Automatisierung nur dort einführen, wo sie wirtschaftlich ist“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Brodtmann. In vielen Fällen bleibe der Mensch die bessere Wahl.

Analyse auf wackeligen Beinen

Worauf der VDMA auch noch verweist: Die Studie “The Future of Jobs” des World Economic Forum bezieht ihre Erkenntnisse aus der Befragung von Personalleitern von global aufgestellten Unternehmen in neun Industriesektoren in 15 Ländern, beziehungsweise Wirtschaftsgemeinschaften. Diese Datenbasis liefert wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich der sich schnell ändernden Qualifikations- und Ausbildungsbedarfe. Eine präzise quantitative Aussage über weltweite Netto-Beschäftigungseffekte könne, so der Verband, aus den Einschätzungen der Befragten nicht getroffen werden.

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